Naumburger Dom Naumburger Dom: Inneren Reichtum erkennen

Naumburg - Als Naumburg noch um die Verleihung des Welterbe-Titels für den Naumburger Dom bangte, hob die Evangelische Kirchengemeinde Naumburg mit der Domkantorei die sechsteilige Gottesdienstreihe „Prominenz im Gespräch“ erneut aus der Taufe. Am Sonntag, 21. Oktober, vor dem Festakt zur Verleihung des im zweiten Anlauf errungenen Titels, klingt diese Reihe aus. Ab 10 Uhr predigt Friedrich Schorlemmer zum Thema „Das Vertrauen auf Gott“. Eingebettet ist seine Predigt in die Aufführung der Reinhard Ohse-Komposition „Memorial des Blaise Pascal“ op. 172. Mit dem evangelischen Theologen und Bürgerrechtler Schorlemmer sprach Jana Kainz.
Für den Literaturherbst an Saale, Unstrut und Elster sind Sie seit Jahren und auch in den nächsten Tagen wieder im Burgenlandkreis unterwegs. Haben Sie sich auch schon im Naumburger Dom umgesehen?
Schorlemmer: Seit 1958, seit mir mein Vater die Passionsgeschichte am Westlettner des Naumburger Doms erklärt hat, besuchte ich oft dieses imposante Gebäude und natürlich auch Naumburg, wobei ich mich freue, dass die Stadt nicht mehr so verfallen ist.
Wird es Ihre erste Predigt im Naumburger Dom sein?
Im Jahr 2009 hat man mich schon einmal auf die Kanzel gelassen. Ich war damals mit einer Pilgergruppe einer evangelischen Akademie radelnd unterwegs, wobei wir auch in Naumburg Station machten und den Dom besuchten. Das war ein großartiges emotionales Erlebnis. Die Besonderheit dabei war, dass wir das Privileg hatten, den Stifterfiguren, weil sie restauriert wurden, ganz nahe zu kommen - in 30 Zentimeter Nähe auf Höhe ihrer Köpfe. Es war ein Staunen und eine Stille - alle waren tief angerührt. Und es war toll zu sehen, wie Uta und Ekkehard in sich stark sind, welchen Vorder- und Hintergrund sie haben, was sie von sich zu erzählen haben - sprechende Steine, unglaublich lebendig, wie auch die Passionsgeschichte am Lettner, dessen Steine nicht nur sprechen, sondern auch singen, klagen, trösten.
Apropos Trost. Ihre Predigt steht unter dem Thema „Vertrauen auf Gott“. Was bedeutet das für Sie?
Meine Predigt ist eingebettet in die Aufführung von Reinhard Ohses Komposition zu Blaise Pascal. Es wird um das Nachdenken des Menschen über sich selbst gehen, um die Selbsterkenntnis durch die Philosophien und das Erkennen, in welchem Verhältnis zur Philosophie und Wissenschaft der Glaube, der Christusglaube steht. Es gibt ja die Redewendung „das war mir eine Offenbarung“ oder auch „eine Erleuchtung“. Das Bekenntnis zu Jesus von Nazareth und philosophisches Denken ist kein Gegensatz, da ist das Leben Pascals ein gutes Beispiel.
Was bedeutet für Sie, auf Gott zu vertrauen?
Die Leere seines Inneren auszuhalten, um den Reichtum des Inneren zu erkennen. Doch heute lassen sich viele gern diese Leere mit den im Samstagabend-Fernsehprogramm gezeigten Dauerschmonzetten füllen. Immer mehr Menschen begnügen sich mit der Oberfläche. Es gibt aber noch andere Dimensionen, die uns bereichern, uns erfüllen, stärken, in Tiefen führen, die keine Abgründe sind.
Welche Dimension wäre das zum Beispiel?
Ich-Stärke zu bekommen, zu sich zu stehen, weil zu mir, so wie ich bin, Ja gesagt worden ist. Mit dem zu leben, was einem mitgegeben wurde. Es kann nicht jeder Immanuel Kant sein. Man soll sich aber auch nicht erniedrigen und ebenso wenig erhöhen. Eben nach dem Motto leben: „Du bist wer, aber bilde dir nichts darauf ein“. Genau das machen die Naumburger Stifterfiguren deutlich. Ich frage mich, was sie wohl sagen würden, wenn sie reden könnten. Bestimmt nicht so tumbes Zeug wie es derzeit populär ist.