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Nationales Naturerbe Rödel  Nationales Naturerbe Rödel : Hotspot der Artenvielfalt

Von Constanze Matthes 14.06.2017, 08:14
Die Konik-Herde sucht unter den Kronen einiger Bäume Schatten. Derzeit gehören der Gruppe auch zehn Fohlen an.
Die Konik-Herde sucht unter den Kronen einiger Bäume Schatten. Derzeit gehören der Gruppe auch zehn Fohlen an. C. Matthes

Großwilsdorf - Es sind nur wenige Minuten und einige Hundert Meter zu laufen - dann tauchen die Stars des Rödels auf. Sie suchen Schatten unter den Kronen einiger Bäume. Große und kleine Tiere sind in der Konik-Herde vereint. Zehn Fohlen zählen derzeit dazu. Die Kameras sind im Dauer-Einsatz. Vor allem dann, als eine Stute mit ihrem Jungtier sich gemächlich den Wanderern nähert. Einige Kinder streicheln das Fell der Huftiere. Ein eindrucksvoller Anblick während einer besonderen Tour: Die Naturstiftung David und die Hochschule Anhalt haben gemeinsam zu einer Exkursion eingeladen. Der Anlass: der Tag des Nationalen Naturerbes, der bundesweit mit verschiedenen Aktionen auf insgesamt 32 Flächen begangen wird. Es sei der erste Versuch, um auf das Naturerbe aufmerksam zu machen, erklärt Adrian Johst, Geschäftsführer der Naturstiftung David mit Sitz in Erfurt, die noch in diesem Jahr den Rödel übernehmen wird.

Seit 2005 werden Areale des Bundes, so unter anderem frühere militärisch genutzte Gebiete, der Streifen entlang der einstigen innerdeutschen Grenze oder stillgelegte Braunkohle-Tagebaue, nicht verkauft, sondern für den Naturschutz bereitgestellt (siehe Beitrag „Mehr als 20 Flächen“). Bisher sind es in Deutschland rund 156 000 Hektar. Eine tolle Initiative, meint Johst, der die Teilnehmer der Exkursion, Kinder wie Erwachsene, am Tor zum Rödel nahe der Agrargenossenschaft Großwilsdorf begrüßt.

Rund 182 Hektar groß

Eine dieser Flächen ist eben das Plateau, das mit seinen 182 Hektar seit 2008 zum Nationalen Naturerbe Deutschlands gehört. Nicht ohne Grund, wie Martina Köhler von der Hochschule Anhalt erklärt: „Der Rödel als Bestandteil des Naturschutzgebietes ’Tote Täler’ ist ein Hotspot der Artenvielfalt. Wir finden hier das Hundertfache an Arten, wie sie auf normalen Flächen vorkommen“, berichtet die wissenschaftliche Mitarbeiterin, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Georg Hiller die knapp dreistündige Führung der Gruppe übernimmt. Nicht nur die Herde der Koniks erhält da die Beachtung der Wanderer und Naturfreunde. Einige Gräser und Kräuter werden vorgestellt. Von den Früchten der Knack-Erdbeere wird genascht. Auch der Bienen-Ragwurz, eine der zahlreichen Orchideenarten, kommt vor die Linse. Wenig später versuchen einige Kinder, mit Zweigen in der Hand die Ziegen anzulocken, die auf einem Trockenrasen-Hang mit malerischem Ausblick auf das Hasselbach-Tal stehen.

Auch der Wolf ist Thema

Die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter haben Bilder und Diagramme mitgebracht, um sowohl den Rödel als Lebensraum als auch das Beweidungsprojekt vorzustellen. 2009 begonnen, werde es 2019 nach zehn Jahren mit einem Bericht und Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeschlossen sein, blickt Martina Köhler voraus. Positive Ergebnisse der Beweidung mit Pferden und Ziegen zeigen sich schon jetzt. Die Artenvielfalt in Flora und Fauna hat zugenommen. „Die Befürchtung, dass die Koniks unter anderem die Orchideen zertreten, hat sich nicht bestätigt“, sagt Hiller.

Und auch der Wolf ist an jenem Tag Thema. Der Wissenschaftler glaubt zwar, dass Isegrim auch eines Tages auf dem Rödel erscheinen wird. Eine große Gefahr bestehe für die gesamte Herde allerdings nicht: „Ich denke, im Verband wissen sich die Tiere gut zu verteidigen.“ Über ihre Beobachtungen und Erkenntnisse haben die Wissenschaftler der Hochschule bereits einen Beitrag für die amerikanische Zeitschrift „Agriculture, Ecosystems und Environment“ verfasst. Unter den Teilnehmern der Exkursion ist Judith Schönberg mit ihrer siebenjährigen Tochter. Selbst Besitzer von Pferden, zeigen sie sich angesichts der Koniks aus nächster Nähe fasziniert. Doch nicht nur davon. „Die Landschaft ist einfach herrlich“, sagt die Grösterin, die zum ersten Mal auf dem Rödel wandert. „Eigentlich braucht man nicht weit weg fahren, um Urlaub zu machen.“