MZ macht Sport MZ macht Sport: Wie ein Gecko an der Wand
ZEITZ/MZ. - Es gibt Stellen am Körper, die lernt man erst kennen, wenn sie überbeansprucht werden. Der Flexor Digitorum Superficialis und der Brachioradialis beispielsweise sind die beiden größten Muskeln am Unterarm und befinden sich irgendwo zwischen Daumen und Ellenbogen. Nach meiner Schnupperstunde an der Kletterwand im Droyßiger Gymnasium weiß ich, dass wenn beide arg beansprucht sind, sie knüppelhart werden, anschwellen, die Hände dann zittern wie Espenlaub und man nicht einmal mehr eine Kaffeetasse ruhig halten kann.
Eine knappe Stunde vor dieser Erfahrung stehe ich zum ersten Mal vor der sechseinhalb Meter hohen Wand und schaue ehrfürchtig nach oben. Die einzige Möglichkeit, die Decke zu erreichen, besteht darin, sich an seltsam geformten Knubbeln, Haken und Ösen nach oben zu hangeln. Zur leichteren Orientierung sind diese unterschiedlich gefärbt und sollen verschiedene Kletterrouten bei der Erstürmung der Wand darstellen. Das Tagesziel ist schnell gefunden. Einmal hoch und heil wieder unten ankommen. Wie es aussieht, wenn man sich seit Jahren mit der Kletterei beschäftigt, zeigen mir Thomas Garding und Stefan Köhler. Köhler leitet die AG "Klettern" am Christophorus-Gymnasium, Garding ist begeisterter Kletter-Experte.
Beide wollen mich bei meinem Versuch unterstützen, wenigstens einmal die Hallendecke mit der Hand zu berühren. Doch bis es soweit kommt, ist ganze Arbeit zu leisten. Nachdem ich mit Kletterschuhen ausgestattet und fest angegurtet bin, hängt mich Stefan Köhler mittels eines Seiles, das am oberen Ende der Wand fixiert ist, an sich. "Wenn du abstürzt, halte ich dich. Es kann also nichts passieren", sagte er überzeugend und trotz kurzzeitiger Bedenken schenke ich ihm Glauben. Das Seil selbst hatte Thomas Garding im Übrigen kurz vorher angebracht. Als sogenannter Vorsteiger erklomm er spinnenartig die Wand und hängte es oben ein. Garding ist es auch, der mir zwei wertvolle Tipps mit auf den Weg gibt. "Überleg dir am besten vorher, wo du langklettern willst. Und stoß dich mit den Beinen ab."
Wer sich selbst einmal im Klettern versuchen möchte, sollte beide Ratschläge unbedingt beherzigen. Nicht nur, dass bei Anfängern nach nur wenigen Metern die Arme schwer wie Blei werden, wenn man sich hochziehen will. Auch kommt man schnell in dämliche Situationen, wenn man wie wild drauflosklettert. Zwischendurch geht es bei mir nämlich einfach nicht weiter. Die nächste Gelegenheit, sich auf halber Strecke festzuhalten, liegt anderthalb Armlängen weit weg. Die einzigen Vorsprünge, die ich erreichen kann, sind die, auf denen meine Hände und Füßen parken. Ich bin an der Wand gefangen. Was jetzt noch hilft, ist der kontrollierte Absprung und ein Neuanfang. Beim vierten Mal klappt es dann endlich. Ich bin zwar schon mächtig außer Puste, lasse es mir jedoch nicht nehmen, mit letzten Kräften triumphal gegen die Wand zu hämmern. Geschafft, glücklich und zufrieden seile ich mich ab.
Für Garding und Köhler sind übrigens solche Kletterwände wie in Droyßig nur Spielereien. Die beiden bevorzugen eher steile Felswände, die sie erklimmen. "Draußen ist es tausend Mal besser", so Thomas Garding. Der einzige Nachteil sei, dass man von Zeitz aus ein Stückchen fahren muss. "Aber innerhalb von 100 Kilometern um Zeitz herum, gibt es genügend tolle Klettergebiete", sagt er weiter. Und es lohne sich.