Lebensbilder Lebensbilder : Saalecker ist Hüter des Karten-Schatzes

Saaleck - Die Geschichte von Uwe Dorloff und „seinen“ Ansichtspostkarten begann mit einem Zufall. „Nach der Wende war ich mit meiner Frau Ute deutschlandweit viel auf Flohmärkten unterwegs, weil wir uns für Möbel aus den 1930er-Jahren sowie Meißner Porzellan interessierten“, erzählt der Bad Kösener, der seit 1978 im Ortsteil Saaleck wohnt. Ein Nachbar habe dann irgendwann einmal erwähnt, dass es auf diesen Märkten auch alte Ansichtskarten von Saaleck sowie der Rudelsburg gibt. In der - wie sich herausstellen sollte - irrigen Annahme, dem Mitstreiter damit eine Freude zu machen, brachte Uwe Dorloff von einem seiner nächsten Streifzüge einige Exemplare mit. „Da meine Nachbar die Karten gar nicht wollte, musste ich diese dann selbst sammeln“, berichtet er lachend.
Die Begegnung mit dem inzwischen verstorbenen, großen Ansichtspostkarten-Sammler Kühn aus Bad Kösen, der sein Mentor und Freund wurde, weckte endgültig Uwe Dorloffs Faszination. „Je tiefer man in das Gebiet einstieg, desto interessanter wurde es: Es war total spannend, sich mit Alter, Frankierung, Fertigungs- sowie Drucktechnik der Karten und den auf ihnen verewigten Botschaften zu beschäftigen.“ Hätten Sie, liebe Leser, gewusst, dass das nach eigenem Gusto zu beschriftende Textfeld links neben der Adressangabe erst 1905 eingeführt wurde? Und war Ihnen klar, dass auf der „Internationalen Ansichts-Postkarten-Ausstellung“ 1899 in Nizza eine mit einem Holzschnitt-Motiv der Rudelsburg versehene und ein Vierteljahrhundert zuvor verschickte Postkarte als das weltweit älteste Exemplar der Gattung prämiert wurde?
„Tatsächlich besitze ich eine dieser historischen Kostbarkeiten, die exakt auf den 26. Juli 1874 datiert, in meiner Sammlung. Ob es sich dabei allerdings wirklich um das allerälteste je versandte Exemplar handelt, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Es geht zum Beispiel die Rede, dass ein französischer oder belgischer Soldat schon vor dem Juli 1874 sich gewissermaßen selbst eine Postkarte gemalt und diese verschickt hat“, so Dorloff.
Wie es auch sei: Dass just eine Abbildung der Rudelsburg beim Start ins Ansichtskartenzeitalter Pate stand, ist bemerkenswert genug. „Bad Kösen und die schöne und nicht allzu beschwerliche Wanderung von der Kurstadt hinauf zur Burg waren damals unwahrscheinlich populär - und wer etwas auf sich hielt, wollte eben auch seine Bekannten in aller Welt davon wissen lassen“, erklärt der Sammler.
Etwa 5.000 Ansichtspostkarten mit Bildern von Rudelsburg, Saaleck und gleichnamiger Burg sowie Bad Kösen hat der heute 60-Jährige inzwischen zusammengetragen. „Längst sammle ich auch Gemälde, Plakate sowie die fantastisch vielfältigen Alltagsgegenstände, die mit Motiven aus meiner unmittelbaren Heimat versehen sind: Gläser, Lampen und sogar Holztruhen.“ Mittlerweile dürfte es so gut wie keine Postkartenversion zum Thema Rudelsburg und Bad Kösen mehr geben, die Dorloff nicht besitzt. Umso leichter lässt sich vorstellen, wie elektrisiert der Sammler gewesen sein muss, als er im letzten Jahr bei seinem täglichen Ebay-Check gleich auf zwei ihm bis dato unbekannte Exemplare stieß und diese auch ersteigerte.
Was folgte, war ein Leid, welches wohl nur andere passionierte Sammler wirklich nachempfinden können: „Beide sind auf dem Postweg verlorengegangen. Ich fühlte mich anschließend einen Monat lang fast schon so etwas wie krank, so niedergeschlagen war ich“, berichtet der Saalecker. „Ums Geld ging es nicht, das gab’s über den Käuferschutz zurück, es war einfach der quälende Gedanke, dass mir diese Raritäten nicht einfach ein halbes Jahr wieder über den Weg laufen.“
Über den Daumen gepeilt etwa 2.000 Euro jährlich gibt der Invalidenrentner, der beruflich einst als Schlosser gestartet war und später wegen seiner geschundenen Bandscheiben auf Orthopädie-Schumacher umsattelte, für seine Sammelleidenschaft aus. „Die Postkarte vom Juli 1874 sowie die aus den 1880er-Jahren stammende sogenannte ’Rose von Bad Kösen’, eine fächerförmige Luxus-Darstellung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, haben mich je 600 Euro gekostet und sind die absoluten Herzstücke meiner Sammlung, die ich auch für ein Vielfaches des Preises nicht hergeben würde“, unterstreicht Uwe Dorloff. Obwohl er in seine Kollektion über die Jahre gewiss eine Summe investiert habe, „von der ich mir auch das komplette Dach meines Hauses neu eindecken hätte lassen können“, setze er sich ein Limit. „Als Skatkarten mit Naumburg-Bezug für vierstellige Euro-Summen gehandelt wurden, stand für mich fest: Da machst du nicht.“


