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Lebensbilder  Lebensbilder : Pfeifender Weihnachtsmann

Von Harald Boltze 11.12.2016, 09:41
Selbst mit Kostüm wird Hubert Lienau von vielen Naumburgern wegen seiner markanten Stimme erkannt.
Selbst mit Kostüm wird Hubert Lienau von vielen Naumburgern wegen seiner markanten Stimme erkannt. Biel

Naumburg - Der Weihnachtsmann und ein Fußballschiedsrichter haben eine große Gemeinsamkeit: Sie sind Respektspersonen. Jedenfalls sollte das so sein. „Beim Weihnachtsmann ist das auch so. Da traut sich kein Kind, Blödsinn zu machen. Beim Schiedsrichter hingegen nimmt der Respekt immer mehr ab. Was man da manchmal zu Ohren bekommt, ist nicht normal“, sagt Hubert Lienau.

Und er muss es wissen, schließlich verkörpert der 52-Jährige nun bereits im zweiten Jahr den Rauschebart auf dem Naumburger Weihnachtsmarkt. Und er ist gleichzeitig einer der aktivsten Referees auf den hiesigen Fußballplätzen.

Zu der Stelle im dicken roten Kostüm kam Lienau im vergangenen Jahr durch eine Zeitungsanzeige. Er bewarb sich bei den Kultur-Verantwortlichen der Stadt Naumburg und konnte sie mit seiner stattlichen Figur und seiner markant-tiefen Stimme wohl überzeugen. Während er sich den Job 2015 noch mit einem anderen Weihnachtsmann teilte, schlüpft Hubert Lienau in diesem Jahr nun sieben Tage die Woche in das von der Stadt gestellte Kostüm. Seine Aufgabe: Jeden Tag um 17 Uhr auf dem Weihnachtsmarkt Kinder begrüßen und Süßigkeiten verteilen. Dass er vor der Herausgabe von Schokolade und Co. noch ein Gedicht hören will, ist klar. „Lieber, guter Weihnachtsmann ... höre ich am häufigsten“, sagt Lienau. Doch auch ein finnisches sowie indisches Gedicht ist ihm in diesem Jahr schon zu Ohren gekommen. Der bisher emotionalste Moment? „Als mir ein Kind ein ganz eigenes Gedicht vorgetragen hat, bei dem herauskam, dass seine Eltern schon im Himmel sind. Da kamen mir die Tränen“, sagt Lienau.

Für seine Rolle, „die mir unheimlich Spaß macht“, bekommt er eine tägliche Aufwandsentschädigung - und auch Folgeaufträge. „Heiligabend bin ich als Weihnachtsmann in Privatwohnungen schon ausgebucht. Für andere Tage könnte man mich noch ansprechen.“

Sogar aufs Eis wagte sich Lienau in dieser Woche - allerdings ohne Schlittschuhe. „Das traue ich mir wegen meiner Knieprobleme nicht.“ Die Eisbahn generell sieht er jedoch positiv: „Auch die Händler drum herum merken einen erhöhten Umsatz“, ist er sich sicher.

Dass Lienau einmal zum Stammgast auf dem Naumburger Markt wird, war vor 30 Jahren noch nicht abzusehen. Da wohnte der gebürtige Hesse noch in den alten Bundesländern. Im Dezember 1989 war es, als es den damaligen Lkw-Fahrer erst nach Halle und zwei Jahre später nach Naumburg verschlug. „Schuld“ daran war jeweils die Liebe. Ein Arbeitsunfall führte ihn ins Naumburger Krankenhaus, wo er seine spätere Frau kennenlernte. Eine Romanze, die leider nicht für die Ewigkeit bestimmt war.

Seine diversen Arbeitsstellen - momentan ist er im Wachschutz einer hiesigen Sicherheitsfirma tätig - konnte Lienau in den vergangenen 25 Jahren in Naumburg gut mit seinem Engagement für den Sport verbinden. Beim Naumburger BC war er als Jugendtrainer und Referee aktiv, später auch bei Germania Schönburg-Possenhain. Heute indes pfeift er für die SV Mertendorf.

Dass es viel zu wenig Schiedsrichter gibt, bedauert er: „Das liegt am mangelnden Respekt und an der schlechten Bezahlung.“ Lienau selbst hingegen pfeift nur aus Idealismus. „Da ich keinen Führerschein habe, geht meine Aufwandsentschädigung meist komplett für die Fahrtkosten drauf, etwa jüngst für den Bus bis nach Lossa“, meint der Hobby-Referee. In Lossa war er jüngst zum 5000. Mal als Unparteiischer im Einsatz. „Ich kenne hier im Umfeld keinen, der so viele Spiele auf dem Buckel hat.“ Mehrere Partien am Wochenende, vormittags angefangen mit dem Nachwuchs, trugen dazu bei. Die schlimmste Erinnerung hat Lienau an ein Spiel vor über 30 Jahren in Hessen. „Da musste ich gleich acht Spieler mit Rot vom Platz stellen und am Ende wegen einer Prügelei die Polizei rufen. Ein Spieler hatte sogar ein Messer in seinen Stutzen versteckt.“ Ein Vorkommnis, das sich seitdem zum Glück nicht wiederholt hat - weder auf dem Fußballplatz noch auf dem Weihnachtsmarkt.

Übrigens, um noch mal auf den eingangs erwähnten Respekt zu kommen. Auch als Weihnachtsmann löst Lienau natürlich nicht immer nur Freude aus: „Klar, dass es auch kleine Kinder gibt, die anfangen zu weinen. Aber da kann ich ganz gut trösten. Und was Süßes habe ich ja auch immer dabei.“

Jubiläum: Bereits 5.000 Mal als Schiedsrichter oder Assistent aktiv - Hubert Lienau (rechts).
Jubiläum: Bereits 5.000 Mal als Schiedsrichter oder Assistent aktiv - Hubert Lienau (rechts).
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