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Landwirtschaft  Landwirtschaft : Wo der Tetrapak tabu ist

Von Constanze Matthes 26.08.2016, 17:21
Patrick Zier von der Agrargesellschaft Prießnitz füllt eine Flasche mit Milch. Ministerin Claudia Dalbert und Landrat Götz Ulrich schauen zu.
Patrick Zier von der Agrargesellschaft Prießnitz füllt eine Flasche mit Milch. Ministerin Claudia Dalbert und Landrat Götz Ulrich schauen zu. Biel

Priessnitz/Abtlöbnitz - Die einen brachten leere Glasflaschen im Korb, die anderen Plastikbehälter im Beutel mit. Was die Männer, Frauen und Kinder am Donnerstagnachmittag in Abtlöbnitz indes verband, war nicht nur die Freude auf ein Schluck kühler Milch: Sie mussten warten und Geduld aufbringen. Eine lange Schlange hatte sich zur Eröffnung der ersten Milchtankstelle im Burgenlandkreis gebildet, zu der Volksfeststimmung herrschte - mit Drehorgelmusik und einem Pavillon mit Sitzplätzen. Auch Madeleine Tiller und ihre Schwiegermutter Petra reihten sich ein. „Wir wollen richtige Milch kaufen“, sagte die junge Frau aus dem nahe gelegenen Schieben. „Es ist sehr praktisch. Wenn uns am Wochenende die Milch ausgeht, fahren wir hierher.“ Denn das Holzhäuschen, im Übrigen zünftig mit Kuhflecken verziert, hat sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag geöffnet.

Direkt aus dem Kuhstall

Die Agrargesellschaft Prießnitz als Betreiber hofft nicht nur auf rege Resonanz und rund 50 Liter verkaufter Milch täglich, wie Geschäftsführer Bodo Zier erklärte. „Für uns ist die Milchtankstelle vor allem Öffentlichkeitsarbeit. Viele wissen schon nicht mehr, wie ihre Lebensmittel entstehen. Wir müssen wieder näher an den Verbraucher“, so Zier.

Ihren Ursprung hat die Agrargesellschaft Prießnitz in der 1978 gegründeten LPG Pflanzenproduktion „Molauer Platte“. Derzeit arbeiten 60 Mitarbeiter im Unternehmen, das über eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 4.527 Hektar verfügt. Davon sind der überwiegende Teil Ackerland. Angebaut wird Weizen, Gerste, Brauweizen und Braugerste sowie Raps und Zuckerrüben. Zu weiteren Arbeitsbereichen zählen die Milchproduktion, Sauen- und Pferdezucht sowie Agrar-Dienstleistungen. Gemeinsam mit den Technischen Werken Naumburg hat die Gesellschaft das Unternehmen Agriwatt gegründet, das in Flemmingen eine Biogasanlage betreibt.

Rund 20.000 Euro investierte die Agrargesellschaft in das Verbraucherangebot. Am Eröffnungstag gingen 200 Liter an Frau und Mann. Das Getränk kommt unpasteurisiert im Rohzustand direkt aus der nahe gelegenen Milchviehanlage und sollte vor dem Verzehr abgekocht werden. Wer kein Gefäß für die Milch mitbringt, kann eine Flasche erwerben. Der Standort in Abtlöbnitz könnte auch nicht der einzige bleiben. „Wir sind in Gesprächen mit Edeka“, erzählte der Geschäftsführer. Aktuell werden 270 Milchkühe gehalten. Die Leistung beträgt pro Tier im Jahr rund 9.000 Liter, die an das Weißenfelser Unternehmen Frischli geliefert werden. Zuspruch für die Milchtankstelle kam auch von prominenter Seite. Claudia Dalbert, Landwirtschaftsministerin Sachsen-Anhalts, wohnte der Eröffnung bei. „Unsere Erfahrungen mit Einrichtungen dieser Art sind gut“, betonte die Grünen-Politikerin.

Sorgen und Nöte angesprochen

Dalbert weilte nach ihrer Berufung in das Amt der Agrarministerin im Rahmen ihres Antrittsbesuches im Burgenlandkreis. Nach Gesprächen im Sonnenhof Gerster in Dietrichsroda und mit Winzern der Region nutzte auch der Chef der Prießnitzer Agrargesellschaft die Möglichkeit, auf Sorgen und Nöte der Landwirte hinzuweisen. Die angesprochenen Themen reichten da weit - von Kappung, Pflanzenschutz und Düngeverordnung bis hin zu Fragen des Tierwohls. Neue gesetzliche Forderungen könnten nicht von heute auf morgen von den Bauern umgesetzt werden, mahnte Zier. „Wir brauchen Planungssicherheit.“ Ein Wunsch, dem Dalbert Verständnis entgegenbrachte: „Das Ziel kann nicht sein zu fordern und keiner kommt mit.“ Ab Herbst sollen die Gespräche zum Leitbild Landwirtschaft 2030 aufgenommen werden. Eine Säule werde der Tierschutz sein, so Dalbert.

Mit der Ernte zeigte sich der Geschäftsführer der Agrargesellschaft sehr zufrieden - „wider Erwarten“, wie er betonte. „In manchen Bereichen war es sogar bombastisch“, so Zier. „Beim Weizen fragen wir uns, woher er das nötige Wasser gezogen hat. Aber wahrscheinlich haben die Niederschläge ausgereicht.“