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Landgericht  Landgericht : Bedroht gefesselt geraubt

Von Jana Kainz 11.09.2018, 08:52
Im Landgericht Halle wurde die Urteilssprechung im Prozess zur Kirschfest-Bombendrohung 2017 wegen eines neues Beweisantrags des Verteidigers aufgeschoben.
Im Landgericht Halle wurde die Urteilssprechung im Prozess zur Kirschfest-Bombendrohung 2017 wegen eines neues Beweisantrags des Verteidigers aufgeschoben. dpa

Freyburg/Halle - Weinend, mit Kabelbindern um beide Handgelenke fest ans Lenkrad ihres Autos gefesselt und eine angebrochene Wodkaflasche zwischen die Knie geklemmt - so fand ein Polizeibeamter am Abend des 18. Januar vergangenen Jahres eine Frau auf dem Parkplatz nahe der Saalebrücke bei Almrich vor. „Die Frau war in einem psychischen Ausnahmezustand“, erinnerte sich am Montag der Beamte im Landgericht Halle vor der 13. Großen Strafkammer. Auf deren Anklagebank saß ein 28-Jähriger, dem die Staatsanwaltschaft kurz zuvor schwere räuberische Erpressung samt Freiheitsberaubung zur Last gelegt hatte.

Hände ans Lenkrad gebunden

In der Anklage hieß es, dass der Mann an jenem Januartag in Freyburg der Angestellten einer Postagentur mit Bankgeschäft zu ihrem Feierabend aufgelauert habe. An ihrem Auto habe der Maskierte der Frau eine Waffe an die Rippen gepresst und ihr zu verstehen gegeben, dass ihr nichts passiere, wenn sie täte, was er ihr sagt. Also setzte sie sich ans Steuer ihres Wagens. Nachdem der Mann ihre linke Hand mit Kabelbinder am Lenkrad gefesselt hatte, befahl er ihr, die Waffe wieder an ihre Rippen gepresst, loszufahren. Es ging quer durch Freyburg und die nähere Umgebung. Während der Fahrt durchwühlte er ihre Handtasche, entnahm dieser eine Flasche Wodka und sagte der Frau, sie solle trinken. Dann fragte er sie aus, wie die Postagentur gesichert ist und überwacht wird.

Passantin entdeckt Frau

Zurück in Freyburg ließ er sie nahe der Filiale parken. Nachdem er auch ihre rechte Hand ans Lenkrad gefesselt hatte, verschaffte er sich mit den Schlüsseln der Frau Zutritt zur Filiale und entnahm ungestört dem Tresor rund 20000 Euro. Zurück im Auto, befreite er die rechte Hand der Frau, damit sie ihn zum Parkplatz bei Almrich fahren konnte. Dort band er erneut die rechte Hand der Frau ans Lenkrad fest und machte sich mit seiner Beute aus dem Staub. Eine Passantin fand die ans Lenkrad gefesselte Frau und informierte die Polizei.

Über einen seiner zwei Verteidiger ließ der gebürtige Iraker mit deutscher Staatsangehörigkeit eine Erklärung verlesen. In dieser erzählte er ausführlich von einer langen Affäre mit der Geschädigten, wie er in die Verschuldung geraten ist, und dass er in Naumburg von einer syrischen Familie derart bedroht worden sei, dass er im Januar 2017 zu seien Eltern nach Kiel gezogen sei. Im Februar 2017 sei er zurückgekommen, um seine in Naumburg lebende Tochter zu besuchen. Überfallen habe er die Frau in Freyburg nicht, meinte der seit Anfang April in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte.

Als erste Zeugen traten seine Verlobte, die er im Herbst 2017 kennengelernt hatte, und seine Mutter auf. Was die Braut in spe auf die Fragen des einen Verteidigers antwortete, trug dazu bei, von dem Angeklagten als Täter jeden Verdacht zu nehmen und ihm ein Alibi zu verschaffen. Laut ihrer Aussage wohnte er zum Tatzeitpunkt in Kiel, voller Angst vor besagter Familie, die ihn bedroht habe. Und sie bestätigte die Aussage ihres Verlobten, dass er einst von der Geschädigten, seiner sogenannten Affäre, eine Nachricht per Handy erhalten habe, in der sie um ein Treffen gebeten habe. Von vielen Einzelheiten aus der Zeit bevor sie sich kennengelernt hatten, konnte die Verlobte berichten. Allerdings habe sie nicht so genau gewusst, weswegen er auf der Anklagebank sitzt.

Ein Alibi brachte auch die Mutter des Angeklagten mit. Demnach habe ihr Sohn sich zu jener Zeit bei seinen Eltern daheim in Kiel aufgehalten. Etwa drei Wochen lang sei er damals gar nicht aus dem Haus gegangen - aus Trauer. Ausgelöst worden sei diese von einem Urteil eines Kieler Strafgerichts.

Das hatte ihn zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, weil er im Oktober 2015 seine Lebensgefährtin zusammengeschlagen hatte. Aus Eifersucht schlug er einst der Iranerin zuerst mit der Faust ins Gesicht. Dann habe er sie mit einem Stück Waschmaschinenschlauch geschlagen, an dessen Ende ein Metallstück befestigt war. Den Schlauch habe er wie eine Peitsche eingesetzt. Die Frau musste eine Woche lang stationär behandelt werden. Dass er verurteilt wurde, obwohl er die Tat gestanden hatte, habe er nicht verstehen können, erzählte gestern seine Mutter. Daraufhin betonte die Vorsitzende Richterin, es sei ein überaus mildes Urteil gewesen.

Prozess wird fortgesetzt

Um weiter zu klären, was genau damals in Freyburg und Naumburg passiert ist, wird heute die Geschädigte aussagen. Im Falle einer Verurteilung, mit der Mitte Oktober zu rechnen sei, droht dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.