Kulinarischer Stern für Balgstädter Kulinarischer Stern für Balgstädter: Flucht nach vorn mit Erfolg

Balgstädt - Die Moness-Kaffeerösterei in Balgstädt liefert ein gutes Beispiel dafür, wie sich ein Unternehmen mit aufeinander aufbauenden Entwicklungsschritten erfolgreich am Markt etablieren und seine Position stetig festigen kann. Moness ist heute sehr viel mehr als eine Rösterei, nämlich auch Café, Restaurant, Veranstaltungsraum und sogar Hotel.
Start mit einem Eiscafé
Doch der Reihe nach: Der gelernte Kraftfahrzeug-Elektriker Enrico Pierard und seine Frau Ina, eine Chemie-Lehrerin, „erfanden“ sich nach der Wende beruflich neu und eröffneten 1995 ein Eis-Café am Naumburger Markt. Weil ihn das Werbe-Stakkato der Handelsvertreter nervte und zudem ein Kaffee-Kurs seine Leidenschaft entfacht hatte, experimentierte Enrico Pierard im heimischen Keller alsbald mit eigenen Röstversuchen.
„2005 habe ich ein Gewerbe dafür angemeldet und für den Eigenbedarf sowie für gute Bekannte geröstet. Dank Mund-zu-Mund-Propaganda wuchs die Nachfrage schnell auf ungeahnte Größe an, so dass ich die ’Flucht nach vorn’ angetreten und mit einem Bankkredit ein leer stehendes Autohaus mit 16000-Quadratmeter- Grundstück am Ortsrand von Balgstädt gekauft habe.“ An dem nach zweijährigem Umbau 2010 eröffneten neuen Standort ist anders als im Wohngebiet auch die Einhaltung der strengen Emissionsschutzauflagen deutlich weniger problematisch. „Die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten ist generell ein Riesenthema für uns. Allein die tägliche Dokumentation unserer Röstarbeit ist mit ausuferndem bürokratischen Aufwand verbunden“, stöhnt der Unternehmer.
Auch sechs Hotelzimmer
Zu Erfreulicherem: „In Balgstädt haben wir mit einer 120-Kilo- sowie einer zweiten 60-Kilo-Rösttrommel eine wesentlich größere Produktionskapazität“, verrät Pierard. Von Beginn an sei klar gewesen, dass zu einer Rösterei auch ein Café gehöre. Insgesamt 200 Gästeplätze wurden also im Innen- sowie Terrassenbereich geschaffen. „Darüber hinaus haben wir sechs Hotelzimmer eingerichtet. Das macht Besucher von weiter her unabhängiger von der chronisch angespannten Buchungslage im nahen Freyburg“, erklärt der Chef. Immer mehr wird der Moness-Standort auch zum exklusiven Ort für Veranstaltungen und Feiern. „In unserer Gläsernen Rösterei können uns Besucher bei der Arbeit zuschauen oder sogar gemeinsam mit uns individuell und auf ihren ganz persönlichen Geschmack abgestimmte Kaffee-Mischungen herstellen und eintüten.“ Neben der Direktvermarktung ist Enrico Pierard mit seinen Kaffees in den regionalen Edeka- sowie Rewe-Märkten gelistet und beliefert im Umkreis von rund 150 Kilometern Gastronomen, Hoteliers und zunehmend auch Gewerbekunden wie Steuerbüros oder Arztpraxen. Seine ausschließlich handgeerntete Rohware aus aktuell 40 Anbaugebieten in 16 Ländern bezieht der Chef eines mittlerweile 18-köpfigen Mitarbeiterteams über die großen Handelshäfen wie Antwerpen, Triest, Hamburg und Bremen - und zunehmend auch direkt von Kaffeebauern.
Kulinarischer Stern
„In Sachen Kaffeesorten und -anbau kann man sich ähnlich stark verfeinern wie beim Thema Wein. Also bin ich etwa nach Uganda, Äthiopien, Laos oder Vietnam gereist, um Kontakte unmittelbar vor Ort zu knüpfen“, schildert Pierard.“
Das Stichwort Vietnam soll abschließend den Blick darauf lenken, was als permanent „fortdauernder Entwicklungsschritt“ bezeichnet werden kann. Moness betreibt Innovationen am Produkt, bietet etwa einen Kaffee aus einheimischen Lupinen an. Und soeben hat die Firma für ihren Daklak-Kaffee den „Kulinarischen Stern Sachsen-Anhalt“ zuerkannt bekommen. Die ungewöhnliche Geschichte dahinter: In dem gleichnamigen vietnamesischen Anbaugebiet gedeihen Pflanzen, die einst in DDR-Gewächshäusern vermehrt und anschließend nach Vietnam zurückexportiert worden waren.
