In Vino Veritas In Vino Veritas : Born to be Born

Als ich das erste Mal über das Weingut Born in Höhnstedt berichtete, stand das unter der Überschrift „Born to be anders“. Das galt Guts-Chef Günter Born und seiner eben etwas anderen Art, Wein zu machen, als alle rings um ihn herum Rotwein entdeckten oder Restsüße im Weißwein schick fanden. Günter Born stand für knochentrockene Weißweine, die Schweppes gut zu Gesicht gestanden hätten.
Jetzt, gut sieben Jahre später, haben „die Jungen“ quasi das Zepter übernommen, auch wenn Günter formell noch immer der Chef ist. Spätestens im nächsten Jahr, wenn er 65 wird, soll die Übergabe vollzogen werden. Im Keller hält er sich schon jetzt weitestgehend raus. Hier hat Jochen Hinderer das Regime übernommen. Seit Januar sind Günters jüngere Tochter Elisabeth und der Württemberger verlobt. Im Herbst ist Nachwuchs avisiert – ein Mädchen. Irgendwann sollen die Glocken läuten. Termin offen. Noch.
Acht Hektar werfen inzwischen Trauben ab, die als Born-Weine vermarktet werden. Trauben von einem Hektar werden zugekauft. Außerdem blubbern Weine von anderthalb Hektar im Keller, die im Lohnausbau produziert werden. Sieben Winzer nehmen diesen Dienst derzeit in Anspruch. Für einen Kunden übernehmen Born/ Hinderer auch die Weinbergsarbeit. Doch gerade beim Brandenburger Augenarzt Wagner aus Großräschen, für den man Flächen in Rastenberg, Naumburg und Höhnstedt betreut, klemmt es derzeit. Der 14er Wein nicht abgeholt, geschweige denn bezahlt, der 15er ähnlich. So kaufte man die Weine ab und vermarktete sie selbst. Ein Gutteil landete im dadurch sehr gehaltvollen Glühwein.
Zu den bekannteren Kunden gehört der Röhrborn von Wilfried Krüger und seinen Freunden. Aber auch für Kohlmanns aus Naumburg baut man Weine aus. Oder für das Kolping-Werk in Hettstedt, wo sich Chef Markus Feußner auch dem Weinbau zugewandt hat. In engem Kontakt mit den Partnern wurden ganze Weinberge auf die Möglichkeiten der Hobby-Winzer und das Portfolio der Borns angepasst. So bei Holger Zorn, wo Gutedel und Müller-Thurgau Cabernet Blanc weichen mussten.
Überhaupt hat sich auch das Sorten-Spektrum bei Borns gewandelt. Sauvignon Blanc kam dazu, auch Traminer oder Cabernet Mitos und Blauer Zweigelt. Spätburgunder soll demnächst die Palette abrunden. Auch dürfen die Born-Weine inzwischen durchaus etwas Restsüße haben, selbst liebliche Weine finden sich – früher undenkbar.
Doch wenn man mit Jochen Hinderer ins Gespräch kommt, ist von Generations-Konflikten nichts zu spüren. „Günter ist tiefenentspannt“, so der 33-Jährige zum Verhältnis. Und das tiefe Vertrauen ins Engagement der nächsten Generation lässt sich auch an Kleinigkeiten ablesen, wie dem Durchwinken selbst spektakulärer Neuerungen. So haben sich Elisabeth und Jochen die neue Wein-Linie „Born to be wine“ einfallen lassen, mit einem Etikett im Stil der jungen Wilden aus Pfalz und Rheinhessen. Handgemalt, eher einem Comic entlehnt denn einem klassisch korrekten Wein-Etikett ähnelnd. So wurde auch das „Pink Pony“ vom Chef akzeptiert, ein Rosé der irgendwie an Elisabeths zweite große Liebe, das Ausreiten, erinnert.
Und gebaut wurde in den vergangenen Jahren auch immer wieder. Jüngstes Aushängeschild ist die erweiterte Vinothek, und im ältesten Teil des Anwesens entsteht ein weiteres Schmankerl. Eine kleine Verkostungsstube, auf die sich Günter Born besonders freut. „Da kann ich mich dann auf ein gutes Glas zurückziehen“, zitiert ihn der Schwiegersohn in spe.
Sicher wird auch ein Foto aus Elisabeths Zeit als Deutsche Weinprinzessin dann an der Wand Platz finden - der vielleicht entscheidende Klick, der aus der Winzer-Tochter eine Winzerin machte. Nach einem Aufenthalt in Neuseeland und dem Studium in Geisenheim übernahm die mittlerweile 31-Jährige die Regie in den Weinbergen. Daher rührt auch ihre Affinität für den Sauvignon Blanc. Der erste Versuch mit einer kleinen Partie Jungfernwein im Vorjahr war sehr vielversprechend.
Da Elisabeth absehbar wenig in den Weinbergen tun kann, muss sich Jochen Hinderer um Alternativen bemühen. Es werden keine einfachen Zeiten. Doch der angehende Familienvater sieht da vieles pragmatisch. Im Vorjahr hat er erstmals einen Teil der Lese mittels Vollernter eingebracht. Für die Gutsweine sieht er das als lohnende Alternative an. Die Lagen- und Terrassen-Weine werden auch künftig per Hand gelesen, doch von der 2016er Ernte könnten 80 Prozent maschinell von den Rebstöcken geholt werden. Auch das eine absolute Neuerung im Hause Born. „Born to be anders“? Eher angekommen.