1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Historische Werbung: Historische Werbung: Ein Bockbier, bitte!

EIL

Historische Werbung Historische Werbung: Ein Bockbier, bitte!

Von Wieland Führ 09.06.2020, 11:34
Hennenbrauerei und Restaurant zur Henne, Ansichtskarte um 1900.
Hennenbrauerei und Restaurant zur Henne, Ansichtskarte um 1900. Führ

Bieretiketten gibt es ähnlich wie solche für Wein in großer Vielzahl, und der eine oder andere sammelt sie. Mit ihrer grafischen Gestaltung sind diese zwar zumeist nicht so hübsch und so aufwendig gemacht wie manche Weinetiketten, künden aber ebenfalls von unterschiedlichen Zeiten und Vorlieben sowie von der einst großen Palette ehemaliger, regionaler Produzenten.

Zum Bier holen über die Straße

Im vergangenen Jahrhundert entwickelte sich die Flaschenetikettierung für Bierflaschen im großen Stil. Zuvor waren die Bierflaschen neutral, oder die Namen des Herstellers oder des Vertreibers wurden als Pressung im Glas sichtbar. Bier als Massenprodukt wurde lange Zeit nur in Holzfässern um die Welt geschickt. Noch In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts holte man in einem mitgebrachten Gefäß zudem häufig noch das Bier von der ortsansässigen Brauerei, dem Händler oder aus der Kneipe vom Fass nach Hause. Niemand störte sich damals daran, dass dies oft die kleinen Kinder der Familie waren, die zum Bier holen über die Straße geschickt wurden.

Die Verschlüsse der alten Flaschen waren ursprünglich wiederverschließbare Bügel aus Metall mit Porzellanpfropf nebst Gummiring. Erfunden wurde diese Verschlussform 1875 in den USA. Damit konnten jetzt auch Bierflaschen, die unter hohem Druck standen, dicht und transportsicher verschlossen werden. Die preiswerteren Kronkorken waren 1892 ebenfalls in den USA zum Patent angemeldet worden und sollten später den wiederverschließbaren Bügel weitgehend ablösen. Bei der Etikettierung von Bierflaschen stand am Anfang das Etikett am Band, welches am Flaschenhals befestigt wurde, um beim Verkauf die Biermarke und/oder die Brauerei kenntlich zu machen. Später kamen die Rumpf-, Halsring-, Brust- und Rückenetiketten dazu. 

Auch reichlich Alkoholfreies von HB

Alte Bieretiketten sind Teil einer häufig vergangenen Unternehmenskultur. Das Wissen über zahlreiche regionale Betriebe, zu denen auch viele Brauereien gehörten, geht heute rasant verloren, obwohl besonders diese Unternehmen den Alltag vor Ort über Jahrzehnte mitbestimmten. So bleiben uns heute oft nur noch die kleinen farbigen Papierzettel als Erinnerung an vergangene Zeiten.

Die Hennenbrauerei (HB) im Naumburger Ortsteil Henne gehörte seit dem 19. Jahrhundert zu den größten Bierherstellern in der Region und produzierte nebenher unter anderem auch Limonade, Brause oder Selters. Der Betrieb war 1859 als „Brauerei zur Henne“ von C. Schröder gegründet worden und ging 1887 in den Besitz von Adolf Schröder über. Der umtriebige Naumburger Kaufmann Franz-Julius Hoeltz (1820-1906) handelte nicht nur mit Braugerste im großen Stil, sondern hatte auch den Bau einer Sozietätsbrauerei veranlasst, die später mit weiteren Naumburger Brauereien durch eine Fusion in der Hennen-Brauerei-AG aufging. Familie Hoeltz und das Unternehmen J.G. Hoeltz & Söhne Naumburg (Saale) wurden die Großaktionäre der Familien-Aktiengesellschaft, die bis 1953 bestand. In der DDR vorerst in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, wurde die Brauerei 1972 endgültig verstaatlicht und damit volkseigener Betrieb unter dem Namen VEB Stadtbrauerei Naumburg. 1978 kam diese Brauerei zum VEB Getränkekombinat Dessau. Unmittelbar in der Wendezeit wurde 1990 das Unternehmen geschlossen. Nach 15-jährigem Leerstand öffnete 2005 das „Hotel Gasthaus zur Henne“ in den Gebäuden der ehemaligen Hennenbrauerei.

Den Ziegenbock vereinnahmt

Die nebenstehend abgebildeten Etiketten stammen aus den 1950er Jahren und wurden in der Naumburger Elbe-Saale-Druckerei am Topfmarkt gedruckt, wo damals auch noch das Naumburger Tageblatt täglich in den Druck ging. In dieser Zeit trank man zumeist „Vollbier“, das ein Stammwürzgehalt von 11 bis 15 Prozent aufweist. Der Stammwürzgehalt ist der Anteil an gelösten Extrakten, der sich vor dem Einsetzen des Gärvorgangs im Bier befindet. Eine höhere Stammwürze weist das Bockbier auf, bei dem bevorzugt auch spezielle Bitterhopfen eingesetzt werden. Auf dem Etikett des Hennen-Bockbiers ist der Kopf eines Ziegenbocks abgebildet, der allerdings keinen Namensbezug zum Produkt hat.

Der Name Bockbier geht auf die Hansestadt Einbeck in Niedersachsen zurück, wo das Starkbier einst zuerst kreiert worden war. Beliebt in der Gunst der Kunden war damals auch das obergärige Malzbier, welches eine dunkle Farbe und einen sehr geringen Alkoholgehalt aufwies. Das obergärige Malzbier mit zugesetztem Zucker ist in alten Zeiten häufig als „Mutterbier“ zur Stärkung werdender Mütter beworben worden.