Bratwurst, Lottozettel oder Donut Burger zur Impfungen: Was Kreisräte im Burgenlandkreis über Anreize aus Steuergeldern halten
Bei Impfungen auf McDonald’s-Parkplätzen im Burgenlandkreis gibt es gratis ein Menü dazu. Was Kreisräte über die Finanzierung aus dem Haushalt denken und wie hoch diese ist.

Weissenfels/Zeitz/MZ - In New York gibt es einen Donut oder sogar einen Cannabis-Joint zur Impfung gegen eine Covid-19-Erkrankung, in Hongkong kann man nach einer erfolgten Impfung an einer Lotterie teilnehmen, bei der es unter anderem Rolex-Uhren und Tesla-Autos zu gewinnen gibt, in Thüringen werden Bratwürste zur Impfung angeboten.
Im Burgenlandkreis gibt es zur Impfung ein McSmall-Menü
Die Behörden weltweit lassen sich einiges einfallen, um Menschen zum Piks zu bewegen. So auch im Burgenlandkreis, wo das Impfmobil nun auf den Parkplätzen der McDonald’s-Filialen Halt macht und es zu jeder Impfung einen Gutschein für ein McSmall-Menü im Wert von 7,39 Euro gibt.
In Zeitz war es am Mittwoch so weit. Das Angebot stieß auf reges Interesse. Immerhin wurden am Abend innerhalb von zweieinhalb Stunden 55 Impfungen verabreicht, womit die Kreisverwaltung „sehr zufrieden“ ist. Das Alter derjenigen, die sich den Coronaschutz holten, war gemischt. Es kam am Mittwoch eine Reihe junger Leute.
Kosten im niedrigen Bereich - Fastfood-Kette ist in allen großen Städten des Burgenlandkreises vertreten
Für die Gutscheine kommt der Kreis auf, wie das Landratsamt auf MZ-Anfrage mitteilt. Von dort stammt auch die Idee zu der Aktion: „Es wurde ein Treffpunkt gesucht, der bei der Jugend in der Region beliebt ist“, um ihnen einen Anreiz zur Immunisierung zu geben. Denn „eine Impfung ist trotz der derzeit geringen Inzidenz im Burgenlandkreis der beste Schutz vor einer Coronainfektion.“ Die Wahl auf die McDonald’s-Filialen sei gefallen, „da dieses Unternehmen in allen drei großen Städten des Burgenlandkreises vertreten ist“. Andere Restaurants oder -ketten seien „noch nicht angefragt“ worden.
In welcher Höhe die Menü-Aktion die Kreiskasse belastet, könne noch nicht gesagt werden, da es davon abhängt, wie viele Menschen das Angebot nutzen. Aber „wenn man es mit den Gesamtkosten der Pandemie vergleicht, wird dieser Beitrag verschwindend gering sein“, sagt Kreissprecher Steven Müller-Uhrig. Auch Jörg Riemer, Vorsitzender der CDU/FDP-Fraktion im Kreistag, rechnet höchstens mit einem geringen vierstelligen Betrag.
Geteilte Meinung über Impfanreize durch Steuermittel
Wenn man davon ausgeht, dass sich an der Aktion in Weißenfels und Naumburg ebenso viele Menschen beteiligen wie in Zeitz, würde die Maßnahme den Kreis rund 1.220 Euro kosten. Ein Kreistagsbeschluss ist in diesem Fall nicht nötig. Zwar hängt es davon ab, was aus der Kreiskasse finanziert werden soll, der Kreistag und seine Ausschüsse müssen aber frühstens ab Kosten von 10.000 Euro hinzugezogen werden. Jörg Riemer findet die Gutschein-Aktion indes „richtig, um die Impfrate zu steigern.“ Er könne sich auch vorstellen, solche Angebote noch weiter auszubauen und nach den Sommerferien beispielsweise Impfungen in den Berufsbildenden Schulen anzubieten, so deren Schulleiter.
Zuspruch gibt es auch von dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Erben, der die Aktion und deren Finanzierung aus dem Kreishaushalt „ausdrücklich richtig so“ findet. Doch es gibt auch Kontra. André Worms, Sprecher der Alternative für den Burgenlandkreis-Fraktion, findet es „nicht gut, dass Kreismittel so verschwendet werden.“ Zwar fange man „mit Speck Mäuse“, die Menschen auf diese Weise „zu locken“, sei aber nicht der richtige Weg: „Ich bin der Meinung, dass die Entscheidung zur Impfung selbst und ohne Beeinflussung erfolgen sollte.“
Debatte über Impfanreiz durch Fastfood
Gunter Schneider, Fraktionsvorsitzender der Linken, steht der Aktion wiederum zwiespältig gegenüber. „Wenn durch so etwas die Zahl der Geimpften erhöht wird, sollte es genutzt werden“, eine Finanzierung aus der Kreiskasse halte er aber für „nicht ganz unproblematisch.“ Problematisch sieht er die Aktion aber vor allem aufgrund des „gesundheitlichen Werts des Fast Foods“, wie er es diplomatisch formuliert.
Kann es das Gesundheitsamt also verantworten, eine Aktion, die die Gesundheit schützen soll, mit Essen zu kombinieren, das als nicht sonderlich gesund gilt? „Die Gutscheine ermöglichen eine freie Wahl von Getränken und Essen, worunter auch Salat oder Mineralwasser fallen“, heißt es von dort. Die Entscheidung, was davon gekauft werde, liege „in der Verantwortung und freien Entscheidung der Impfwilligen“.
Besitzer der Filialen möchte sich indes nicht zu der Thematik äußern
Und ist diese Aktion ungerecht Leuten gegenüber, die sich schon ohne Bonus eine Impfung abgeholt haben? Das sieht die Kreisverwaltung nicht so: „Die Menschen, die sich bis dato schon haben impfen lassen, haben das aus eigenem Antrieb getan, um sich und andere zu schützen.“ Die Gutschein-Aktion könne auch „nicht mehr als ein zusätzlicher Anreiz sein, in den seltensten Fällen jedoch der Grund, sich für eine Impfung zu entscheiden.“
Der Besitzer der Filialen möchte sich indes nicht zu der Thematik äußern und führt als Grund das Heilmittelwerbegesetz an. Dieses verbietet Unternehmen, die nicht im medizinischen Bereich tätig sind, medizinische Produkte zu bewerben. Auch die Kreisverwaltung stellt klar, dass das Unternehmen bei dieser Aktion lediglich den Parkplatz und einen Stromanschluss zur Verfügung stellt. Während der Impfaktion bei McDonald’s machten auch Impfgegner auf sich aufmerksam. Eine ihrer Forderungen: Coronamaßnahmen beerdigen.
Pfiffig oder fragwürdig?
PRO: Corona-Impfkampagne paradox - im Burgenlandkreis und anderswo: Ausgerechnet, als endlich genügend Präparate bereit stehen und auch nervige Terminreservierungen wegfallen, sinkt die Impfbereitschaft. Weil aber eine möglichst hohe Durchimpfungsrate erreicht werden soll, mussten sich die Behörden etwas einfallen lassen. Impfen neben dem Schnellrestaurant samt Gutschein für ein Menü: Das ist unkonventionell, ja pfiffig und dürfte die jüngere Zielgruppe erreichen. Das Steuergeld für die Burger ist gut angelegt.
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KONTRA: Auf der einen Seite soll man etwas für die eigene Gesundheit und die seiner Mitmenschen tun und sich einer Corona-Schutzimpfung unterziehen, auf der anderen Seite bekommt man dafür dann einen Gutschein für fettige Burger und anderes ungesundes Essen. Das passt nicht zusammen, lieber Landkreis. Außerdem: Die Leute mit Gutscheinen zum Impfen zu locken, erhöht nicht gerade das Vertrauen der Bevölkerung in die Impfstoffe. Stattdessen sollten die Menschen mit sachlichen Argumenten zum Impfen bewegt werden.
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