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Burgenland-Käserei Burgenland-Käserei in Bad-Bibra im Burgenlandkreis: Betriebsrat sucht mit einem Wirtschaftsprüfer nach Perspektiven

Von Ralf Böhme 09.08.2017, 08:00

Bad Bibra - Halbzeit im Käse-Krimi von Bad Bibra (Burgenlandkreis). Seit Juni droht das Ende der Burgenland-Käserei. Im September will der Aufsichtsrat des Mutterkonzerns Deutsches Milchkontor (DMK) das Aus absegnen - aus wirtschaftlichen Gründen, wie es heißt.

Zuvor kommen alle Beteiligten aber noch einmal an einem Runden Tisch zusammen. Erlebt die Traditionsfirma also ihr Jubiläum noch? 2018 begeht das Unternehmen seinen 100. Gründungstag, falls es dann noch besteht.

Jetzt sucht man mit einem Wirtschaftsprüfer nach einer Perspektive

Betriebsratsvorsitzender Peter Künne knüpft seine Hoffnung an die nächste Beratung mit den Konzernvertretern. „Wir wollen und können beweisen, dass Ausrüstung und Personal in Bestform sind.“ Jetzt suche man mit einem Wirtschaftsprüfer nach einer Perspektive. Milchmangel, den der Konzern beklagt, lasse man als Grund jedenfalls nicht gelten.

Jörg Most von der Branchengewerkschaft NGG bestätigt: „Es gibt keinen Milchmangel in Deutschland.“ Harte Auseinandersetzungen um die Preise seien aber auf der Tagesordnung. Rund 270 Millionen Liter Milch benötigt die Molkerei jährlich. Daraus lassen sich 24 000 Tonnen Käse-Erzeugnissen herstellen. Damit schreibt der Betrieb in Bad Bibra nach mehreren Millionen-Investitionen schwarze Zahlen.

Verkauf von Käse für Pizza und Salate hat größten Anteil am Erfolg

Den größten Anteil am Erfolg hat der Verkauf von Käse für Pizza und Salate. Cagliata, so sein klangvoller Name intern. Die meisten Kunden fragen an der Käse-Theke einfach nach Mozzarella. Mit dieser Spezialität nach italienischem Vorbild ist die Molkerei auf vielen Märkten präsent. Bad Bibra gehört bundesweit zu den großen Produzenten, deckt zehn Prozent des Bedarfes ab.

Pikant: Ein beträchtlicher Teil geht sogar ins Ursprungsland des Mozzarella. Aber auch Abnehmer in anderen südeuropäischen Ländern, Japan und Südkorea loben die Käse-Qualität aus Sachsen-Anhalt. Käserin Doreen Kölle meint: „Die umgedrehte Kuhglocke ist unser Markenzeichen.“ Aktuell sei es allerdings eher eine Alarmglocke. Denn womöglich drohe Deutschland nach einer Werksschließung sogar ein Mozzarella-Engpass.

DMK: Größter deutscher Milchverarbeiter befindet sich in einem Strukturwandel

DMK-Sprecher Hermann Cordes glaubt daran aber nicht. „Die bisher am Standort hergestellten Produkte werden auf andere Werke verlagert.“ Es gehe um die Wirtschaftlichkeit im Gesamtunternehmen. Hinter der DMK stehen 8 500 aktive Milcherzeuger und 7 200 Mitarbeiter. Und Bad Bibra ist nur einer von 20 Standorten des Konzerns.

Dass sich der größte deutsche Milchverarbeiter in einem Strukturwandel befindet, ist kein Geheimnis. So ist seit 2013 für 30 Millionen Euro im niedersächsischen Georgsmarienhütte eine High-Tech-Käserei entstanden, ihre Spezialstrecke: Mozzarella. Das ist die Konkurrenz im eigenen Konzern. Branchenkenner gehen davon aus, dass auch Bad Bibra wachsen muss, um sich zu behaupten. Über entsprechende Pläne ist aber nichts bekannt.

Deutsche Milchbauern wollen mehr liefern als je zuvor

International gilt der Pizza-Käse als große Nummer. Andererseits ist Mozzarella aus Kuhmilch nicht geschützt, kann also weltweit hergestellt werden. Entsprechend hart ist der Markt umkämpft. Am Ende zählt im Handel neben der Qualität vor allem der Preis. In diesem Wettbewerb zahlt sich die jeweils modernste Herstellungstechnologie aus. Im neuen Werk in Georgsmarienhütte soll deshalb bis 2019 die Leistung auf 60 000 bis 75 000 Tonnen pro Jahr verdoppelt werden.

Dass für eine solche Expansion genügend Milch aufzutreiben ist, liegt auf der Hand. Denn nach einer Befragung wollen die deutschen Milchbauern mittelfristig mehr liefern als je zuvor. Von rund 7,2 Milliarden Litern im Jahr 2020 ist die Rede. Das wäre über eine Milliarde Liter mehr als fünf Jahre zuvor. DMK als einer der Top Ten in Europa stellt sich auch darauf ein. Einige hundert Millionen Euro an Investitionen sind bereits verbaut.

Gleichzeitig werden die internationalen Aktivitäten erweitert. Im Blick sind Märkte in China, im Nahen Osten und in Afrika. Könnte darin auch eine Chance für den Mozzarella aus Bad Bibra liegen? Theoretisch ja, praktisch nur, wenn Betriebsrat Künne dem Aufsichtsrat ein überzeugendes Rettungskonzept präsentieren kann.

(mz)