Beweidung mit Wildpferden Beweidung mit Wildpferden: Koniks machen Urlaub vom Rödel

Grosswilsdorf - „Die Koniks sind weg, aber wohin?“, lauteten in den vergangenen Tagen und Wochen Anfragen an unsere Zeitung. Darunter Menschen, die Schlimmstes vermuten. Auch, weil zum Teil größere Schäden an den Umzäunungen auf dem Hochplateau nahe Großwilsdorf festzustellen sind. Aber auch einige Ausflügler, wie etwa unsere vielen „Heimat-Entdecker“, die die bereits recht warmen Tage für einen Besuch bei den Wildpferden auf dem Rödel nutzten, wandten sich an Tageblatt/MZ.
Also, was ist nun mit ihnen, den Koniks? „Sie machen Rödel-Winterpause“, scherzt Heinz Bley und lässt da schon durchblicken, dass es den Tieren gut geht. Bley ist Geschäftsführer der Agrar GmbH Crawinkel - dem Thüringer Crawinkel wohlgemerkt, gelegen zwischen Gotha und Ilmenau. Sein extensiv wirtschaftender Grünlandbetrieb ist unter anderem für die Wildpferde auf dem Rödel zuständig. „Und die befinden sich derzeit auf der Winterkoppel auf unserem Firmengelände hier im mittleren Thüringer Wald“, wie Bley auf Anfrage unserer Zeitung verrät.
Der Winterurlaub vom Rödel ist dabei keineswegs obligatorisch. „Es ist das erste Mal, dass wir zu dieser Maßnahme greifen mussten. Aber die Dürreschäden aus dem extrem trockenen Sommer 2018 sind einfach zu groß gewesen“, erklärt der Geschäftsführer. Die Tiere würden nicht genügend Futter finden. 20 Stück waren es, die vom Hochplateau bei Großwilsdorf abgezogen wurden. Lange nicht die einzigen Wildpferde, die Bley mit seinem Unternehmen betreut. „Wir haben insgesamt um die 400 Wildpferde, die meisten im Thüringer Wald, aber auch welche im Zeitzer Forst oder nahe Großkayna.“ Und alle mussten nun auf die Winterkoppel? „Nein, nein“, sagt Bley. „Nur von den Weideflächen, wo die Dürre extreme Schäden verursacht hat.“
Den Tieren gehe es sehr gut. Bley rechnet damit, dass sie im April oder Mai zurück auf den Rödel gebracht werden. Wie viele genau, werde man sehen. Genau wie die Aufteilung nach männlichen und weiblichen Exemplaren, Fohlen und Jungtieren.
Erstmals ausgesetzt worden sind Wildpferde auf dem Rödel im Jahr 2009. Damals waren es 27. Ein Projekt, dem nicht alle Beobachter von vornherein positiv gegenüber standen. Mit der Zeit wurde ein Besuch der Tiere aber zum beliebten Ausflugsziel. Und auch der eigentliche Zweck wird erfüllt. Sollen die Koniks (Polnisch: Pferdchen), eine Ponyrasse aus dem mittel- und osteuropäischen Raum, doch die Verbuschung der artenreichen Trockenrasen-Biotope verhindern. Und das gelingt, wie das Projekt begleitende Wissenschaftler festgestellt haben. Die Weidefläche für die Konik-Herde ist weiträumig eingezäunt, Wanderern aber mittels Durchlässen zugänglich. Damit wurde ein Kritikpunkt entschärft. War doch vor dem Aussetzen der Koniks befürchtet worden, der Rödel würde wieder zum Sperrgebiet werden. So wie einst, als das sowjetische Militär das Gelände in Besitz genommen hatte. 1992 waren dann die letzten Panzer der GUS-Truppen vom einstigen Übungsplatz auf dem Rödel verschwunden. Doch das hatte damals für die Natur nicht nur positive Folgen. Eine gelegentliche Beweidung mit Schafen habe den aufkommenden Gehölzen und der Übermacht der Gräser nicht ausreichend entgegenwirken können, stellte einst Sabine Tischew, Professorin für Vegetationskunde und Landschaftsökologie an der Hochschule Anhalt, fest. Sie sieht im Rödel einen „Hotspot der Artenvielfalt“.
Zu den „Heimat-Entdeckern“, die jüngst auf dem Rödel waren, zählten die Naumburger Lars Forker und Gerd Henschel. Ihren Ausflug bezeichneten sie jedoch keineswegs als umsonst. Henschel schickte Bilder vom Panorama der Domstadt. „Der Ausblick entschädigt für die ’weggelaufenen’ Wildpferde“, meinte der 64-jährige Berufsschullehrer.