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Arbeitsagentur Weißenfels Arbeitsagentur Weißenfels: Behörde spricht nun Arabisch

Von Heike Riedel 04.05.2016, 09:43
Omar Mahou (r.) übersetzt als Mitarbeiter der Agentur für Arbeit Weißenfels für syrische Flüchtlinge
Omar Mahou (r.) übersetzt als Mitarbeiter der Agentur für Arbeit Weißenfels für syrische Flüchtlinge Peter Lisker

Weißenfels - Omar Mahou wird gebraucht. Neuerdings in der Agentur für Arbeit Weißenfels und ihren Geschäftsstellen in Naumburg und Zeitz. Dort tut der Marokkaner das, was er in Zeitz bisher für syrische Nachbarn schon oft getan hat. Er übersetzt Deutsch - Arabisch, steht Flüchtlingen bei Behördengängen zur Seite, gibt ihnen Einblicke in das Leben in Deutschland. Sie brauchen Hilfe, wenn sie in ein ihnen fremdes Land kommen, dessen Sprache sie nicht einmal verstehen, begründet der 47-Jährige sein Engagement.

Agentur stößt an Sprachgrenzen

„Wir sind mit den Sprachkenntnissen unserer Mitarbeiter an Grenzen gestoßen“, erklärt Kerstin Schieferdecker, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Arbeitsagentur Weißenfels, warum eine neue Stelle bei der Agentur geschaffen wurde. Diese wurde im März mit dem Zeitzer Mahou besetzt, der gerade auch Arbeit suchte. Sein Vorteil: Er kennt seit 26 Jahren Deutschland.

Im Herzen Marokkaner

Hätte er nicht die dunklere Hautfarbe, würde er kaum noch als Nordafrikaner wahrgenommen. Er spricht fließend Deutsch und trinkt auch mal ein Bier. Er besucht Elternabende für seinen achtjährigen Sohn, unterstützt seinen 18-jährigen Jungen bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle. Er hatte seine deutsche Frau bereits zu betrauern, sie, mit der sich sein Kindheitstraum erfüllte, in Deutschland zu leben. Doch in ihm schlägt ein marokkanisches Herz. Die Freude ist überschwänglich, dass er einen der Seinen, einen Berber, in Weißenfels getroffen hat und sie Freunde sind. Er ist stolz Moslem zu sein, übt seinen Glauben auch ohne Moschee aus und distanziert sich von Extremisten, die den Islam missbrauchen. „Frieden ist auch das Ziel des Islam“, sagt er.

Ohne Schlepper nach Deutschland gekommen

Mahou ist 1990 nicht wie jetzt die Syrer vor einem Krieg geflohen. Seine Familie war arm, schon als Kind träumte er deswegen von dem so ganz anderen Leben in der Ferne. Nicht von Amerika, sondern von Deutschland. Dorthin zog es ihn. Doch für ein Visum hatte seine Familie kein Geld. Trotzdem kam er in Deutschland an. Er brach einfach auf, traf unterwegs überall auf gute Menschen, sagt er. Keine Schlepper, die Geld mit ihm verdienen wollten. Er kam im Laderaum einer Fähre nach Spanien unter, wurde mit neuer Kleidung beschenkt, als er dort wieder raussteigen durfte. Er hat die 50 Pfennige, die er als einziges Geld in der Hosentasche hatte, dort hinterlassen, wo er als erstes aufgenommen wurde – um sie einmal wieder abzuholen und sich bei den neuen europäischen Freunden, die er zuerst in Holland gefunden hat, zu bedanken.

Die Besuche in Marokko sind selten geworden seit dem Tod seiner Frau vor fünf Jahren. Die Familie in Deutschland und die Menschen, die hier seine Hilfe brauchen, binden viel Zeit und Kraft. „Die Syrer sind sehr gute Menschen“, sagt er. Omar Mahou freut sich, dass er jetzt mit seinen Hilfeangeboten sogar seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, Helfen ihm zum „Beruf“ wurde. Er übersetzt bei den Gesprächen von arbeitssuchenden Flüchtlingen in der Agentur für Arbeit und überall dort, wo er für die Umsetzung der Projekte mit Flüchtlingen gebraucht wird.

Neues Projekt für Asylbewerber

Das war jüngst beim Bildungsträger BBI. Aufgeschlossene und erwartungsvolle Gesichter blickten dort ihn, seine Kollegen von der Agentur und jene von BBI an. Die fünf Männer und drei Frauen aus Syrien, deren Asylverfahren noch läuft, sind die ersten, mit denen die Agentur für Arbeit Weißenfels das neue Projekt „Perspektive für Flüchtlinge“ umsetzt. Damit sollen die Flüchtlinge mehr als Deutsch lernen, sie sollen Arbeit und Leben in Deutschland kennenlernen und dabei auch gezielt Begriffe aus dem Berufsleben vermittelt bekommen. Ihre Kompetenzen werden in Betrieben und Werkstätten festgestellt. Sie bekommen Unterstützung bei Bewerbungen.

So will die Agentur für Arbeit so schnell wie möglich arbeitsuchenden Asylbewerbern die Brücke in ein „normales“ Leben bauen. Wer sich von den Neuankömmlingen bereits während seines Asylverfahrens freiwillig bei der Agentur meldet, bekommt so eine Chance. Dank Omar Mahou sollten mangelnde Sprachkenntnisse nicht der Grund sein, dass er diese nicht ergreift. (mz)