Am Michaelisholz Am Michaelisholz: Wohnpark statt Kaserne

Naumburg - Zwei Mehr- und drei Einfamilienhäuser sind noch im Bau. Doch dann ist es abgeschlossen: eines der größten Naumburger Wohnbauprojekte der Nachwendezeit. „Von der Hubertus-Kaserne zum Wohnpark am Michaelisholz“ hat die Naumburger Grundstücksverwertungs und -verwaltungs GmbH (NBG) das Projekt für den feierlichen Abschluss genannt.
Rüdiger Kürbs war sichtlich stolz, was er mit seinen Unternehmen NBG, Bauunion und seiner Recyclingfirma in 22 Jahren geschaffen hat. Denn die Zahlen haben es in sich: Mit dem Einsatz von 65 Millionen Euro sind auf 118000 Quadratmetern nördlich des Flemminger Weges, also zwischen Euroville und NP-Markt, insgesamt 412 moderne Wohneinheiten entstanden. Etwa 1100 Menschen leben heute dort. Zum Vergleich: Das sind so viele Einwohner wie Roßbach, Klein- sowie Großjena zusammen haben.
Dabei war durchaus einiges an unternehmerischem Risiko dabei, als Rüdiger Kürbs 1996 bei der Ausschreibung der Fläche durch das Bundesvermögensamt zuschlug. Standen doch hier die Reste der „Hubertus-Kaserne“, war hier über Jahrzehnte die Sowjetarmee stationiert, mit all den Altlasten, die das mit sich brachte. Alte Panzerhallen mussten abgerissen und entsorgt werden, auch Tankstellen, Heizhäuser und teils mit Altöl gefüllte Erdtanks. Jede Menge Asbest, riesige Mengen Bodenaustausch. „Das war finanziell nur durch die 90-prozentige Altlastenbefreiung des Bundes möglich“, so Kürbs, der sich noch lebhaft an die späten 90er-Jahre erinnern kann. „Jeder Anruf meines Poliers hat mir den Puls in die Höhe gejagt.“
Zwar hatte es eine Beräumung durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst gegeben, doch ist es vorgekommen, dass beim Abriss eine Kiste mit sechs Granaten erwischt wurde. „Die sind hochgegangen und haben den ganzen Brecher zerlegt“, erinnert sich Kürbs. Seine Bauarbeiter seien zum Glück verschont geblieben.
Das erste Projekt, das man 1996 anging, war die Sanierung der acht ehemaligen Mannschaftsgebäude. Völlig marode Blöcke. „Da haben wir eigentlich nur die Mauern und Decken stehengelassen“, so Kürbs, wobei die betonierten, im wahrsten Sinne des Wortes bombensicheren Decken zur Herausforderung wurden. Kürbs: „Da war es kaum möglich, Dachgauben reinzuschneiden.“ Doch die Sanierung schritt zügig voran. Drei der hinteren Blöcke wurden unterirdisch verbunden und mit 118 Wohneinheiten an den Pflegedienst Zeimer übergeben, der dort heute noch Betreutes Wohnen anbietet.
Weitere Projekte der Anfangszeit: der Verkauf einer großen Fläche samt Erschließung für das Jugend- und Sporthotel „Euroville“, die Errichtung von Straßen, eines Spielplatzes sowie vor allem der Bau von 29 Reihenhäusern. Den Tiefbau erledigte die Bauunion. Für den Hochbau hatte Kürbs einheimische Firmen im Boot. Bei den Reihenhäusern erwies sich der Verkauf jedoch bereits als schwierig. Die meisten Menschen bevorzugten (bis heute) Einzelgrundstücke, was durch eine Änderung des Bebauungsplanes auch möglich wurde.
Dies änderte aber nichts daran, dass nach der Jahrtausendwende bis etwa 2013 eine Flaute einsetzte. „Die Eigenheimzulage war weg, die Zinsen damals noch hoch“, erinnert sich Kürbs. Doch die Zinshöhe änderte sich. Zudem wurde Naumburg immer mehr zum attraktiven Wohnstandort. Etliche Einfamilienhäuser und auch Blöcke, die dann unter anderem an eine Zeitzer Wohnungsgenossenschaft verkauft wurden, entstanden. Die Nähe zu Bulabana, Euroville, Kindergarten und Schule macht die Lage attraktiv, so dass die NBG nun ein positives Resümee des Großvorhabens ziehen kann.
Doch auch Oberbürgermeister Bernward Küper zeigte sich zum feierlichen Abschluss des Projektes glücklich: „Andere Städten bleiben auf alten Kasernen sitzen und können die Umwandlung als Kommune nicht finanzieren.“
Überhaupt ist das Areal rund um den Flemminger Weg zu einem erstaunlichen Wohngebiet geworden. Gegenüber, im Neubauviertel unterhalb des Bulabana ist so gut wie kein freier Standort mehr zu haben. Ein Stück stadteinwärts ist gerade die Alte Stadtgärtnerei im Verkauf. Hier sollen weitere 20 bis 25 Eigenheime entstehen. Gleich daneben, bei den „Holländer“-Wohnhäusern, will die Naumburger Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) ab kommendem Jahr vier neue Gebäude mit insgesamt 30 Wohneinheiten bauen. Am Bad Kösener Seekurpark steht womöglich eine immense Erweiterung bevor (siehe auch Beitrag „Pläne...“). „Wir haben derzeit Baugenehmigungen für rund 500 Wohneinheiten in der Stadt erteilt. Das ist schon eine Nummer“, sagte Baufachbereichsleiterin Ute Freund. Interesse und Zuzug seien da, man müsse aber aufpassen, nicht ein Überangebot zu schaffen.


