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Abzocke bei Schlüsseldienst Abzocke bei Schlüsseldienst: Tür zu, Konto leer

Von Julia Rau 06.02.2018, 11:02
Ein Mann aus Halle wehrt sich gerichtlich gegen die Abzocke bei einem Schlüsseldienst.
Ein Mann aus Halle wehrt sich gerichtlich gegen die Abzocke bei einem Schlüsseldienst. imago stock&people

Naumburg - Eine Bande soll mit Wucherpreisen in Sachsen-Anhalt und Sachsen mehr als 1000 Kunden ausgenommen haben und musste sich nun vor Gericht verantworten. Auch ein 42-jähriger Geschädigter aus Halle hatte sich gegen zu hohe Preise juristisch zur Wehr gesetzt.

„Bei meiner Tür dauerte das Öffnen nicht mal eine Minute“, sagt der betroffene Kunde. Der Schlüsseldienst-Mitarbeiter habe lediglich einen gebogenen Metallstreifen einmal von oben bis unten durch den Schlitz gezogen, kurz dagegengedrückt, dann sei sie aufgegangen. „Der hat länger an der Rechnung geschrieben als an der Tür gewerkelt“. Auf dieser Rechnung standen unterm Strich 437 Euro. Freitagabend, Nachtzuschlag, Anfahrt, Mehrarbeit. „Da habe ich schon geschluckt, aber was wollte ich denn machen“, sagt der 42-Jährige.

Weil der Schlüsseldienst in bar bezahlt werden wollte – das sei in der Branche üblich, wie ein seriöser Anbieter aus Halle bestätigt – fuhr der Mitarbeiter ihn sogar zum nächsten Geldautomaten. Wie nett von ihm. Die Fahrt findet sich auf der Rechnung unter „Mehrarbeit“: 34 Euro. Er bezahlte, damit war die Sache vorerst erledigt. Bis ihm sein Anwalt von ähnlichen Fällen erzählt, in denen betrogene Kunden ihr Geld zurückerstritten haben.

Der 42-Jährige entscheidet zu klagen. Das Gericht bewertete die Wucherpreise als überzogen und gab ihm kürzlich Recht. Fast eineinhalb Jahre dauerte der Prozess. Das Abzock-Opfer bekam schließlich 297 Euro zugesprochen. Die Versicherung steuerte noch 100 Euro bei. „Fürs nächste Mal weiß ich zumindest, dass man sich direkt an die Haftpflichtversicherung wenden kann, die dann einen seriösen Anbieter empfiehlt.“

Der Schlüsseldienst, dem der Hallenser zum Opfer gefallen ist, hat seinen Sitz in Essen. Die Firma wirbt aber in verschiedenen Städten mit lokalen Ablegern. Die heißen überall anders und geben eine örtliche Rufnummer an. Der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt ist der Anbieter schon lange bekannt, wie Ute Bernhardt, Leiterin des Referats Recht, sagt. Wird man selbst Opfer, berät die Verbraucherzentrale zu den Möglichkeiten, gegen eine überhöhte Rechnung vorzugehen. Ein sittenwidriger Vertrag, bei dem die Leistung in keinem Verhältnis zur Bezahlung steht und eine Notlage ausgenutzt wurde, liege laut Verbraucherzentrale vor, wenn etwa das Doppelte des ortsüblichen Preises verlangt wird.

Der Bundesverband Metall gibt für Sachsen-Anhalt folgende Orientierung: Eine Türöffnung werktags kann mit 75 Euro zu Buche schlagen, dazu kommen Fahrtkosten von 36 Euro. Nachts und am Wochenende seien Zuschläge bis zu 150 Prozent üblich. Im Süden Sachsen-Anhalts koste das Öffnen einer zugefallenen, nicht abgeschlossenen Wohnungstür im Schnitt 30 bis 52 Euro, wie die Verbraucherzentrale bei einer Befragung herausfand. Dazu kommen noch die Nachtzuschläge von bis zu 20 Euro und pauschal zehn Euro innerorts oder bis 1,50 Euro pro Kilometer Anfahrt über Land.