Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Lützen feiert mit Victoria
LÜTZEN/MZ. - Tausende Schaulustige drängelten sich an jenem Nachmittag im September 1991, um einen Blick auf die Majestät und ihre Begleitung, Kronprinzessin Victoria, zu erhaschen. Und die Journalisten waren besonders eifrig, erinnert sich die 78-Jährige: "Man kam ja kaum durch."
Sie selbst war ganz nah dran am Geschehen. Gemeinsam mit ihrem Mann führte sie den königlichen Besuch durch die Ausstellung in der Gustav-Adolf-Gedenkstätte am Stadtrand, deren Leiterin sie damals war. "Die Königin war sehr herzlich und interessiert. Man konnte sich ganz normal mit ihr unterhalten." Verständigungsprobleme gab es ohnehin nicht - ist Königin Silvia doch Deutsche. Die Gedenkstätte ist dem berühmten Schwedenkönig Gustav II. Adolf gewidmet: 1632 fiel er im Dreißigjährigen Krieg in der legendären Schlacht bei Lützen gegen Wallensteins Truppen. Neben einer Kapelle und zwei Blockhäusern mit einem Museum gehört zu der "Schwedeninsel" auch ein Gedenkstein unweit der Stelle, wo Gustav Adolf starb. Er ist mit einem von Karl Friedrich Schinkel entworfenen Baldachin überspannt.
Für Kronprinzessin Victoria war es einer der ersten offiziellen Termine, erzählt Annemarie Volkhardt. Sie erinnert sich noch genau daran, wie die damals 14-Jährige ihren Blumenstrauß am Gedenkstein niederlegte - nicht jedoch, bevor sie ihre Mutter gefragt hatte. "Ein sehr nettes Mädchen." An jene Erlebnisse denkt die Lützenerin, die sich mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann seit 1970 mehr als 20 Jahre lang um die Gedenkstätte gekümmert hatte, in diesen Tagen oft zurück - da Victoria doch nun Traumhochzeit feiern wird. Wenn die Thronfolgerin am Samstag ihrem Verlobten Daniel Westling das Ja-Wort gibt, dann werde sie sich das natürlich im Fernsehen anschauen.
Wie viele andere Lützener auch. Denn die schwedische Königsfamilie, sagt Bürgermeister Maik Reichel, "gehört zu Lützen einfach dazu". Als die Hochzeitspläne Victorias offiziell wurden, habe es gar Spekulationen gegeben, dass das Spektakel nicht in Stockholm, sondern in Lützen stattfindet. Weil es an der Gedenkstätte doch die "Gustav-Adolf-Kapelle" gibt. Nicht nur dort, sondern auch vor dem Lützener Rathaus, an dem der König als Statue wacht, wird heute die schwedische Flagge gehisst - wie immer an besonderen Tagen.
Auch sonst ist Schweden allgegenwärtig in Lützen, wo eine Straße den Namen des hier gefallenen Herrschers trägt. Jedes Jahr am 6. November wird Gustav Adolf gedacht - es ist sein Todestag. Nicht nur dann sind viele Schweden zu Gast. Etwa ein Fünftel der jährlich 10 000 Besucher der Gedenkstätte kommt aus dem skandinavischen Land, so Reichel. Beziehungen zu Orten in Schweden werden seit Jahren gepflegt. Künftig soll Lützen zur Schwedenstraße, einer Reiseroute in Norddeutschland, gehören, so der Bürgermeister, in dessen Amtszimmer neben einem Gustav-Adolf-Gemälde ein Foto des heutigen Königspaares hängt. Sogar schwedisches Territorium soll es in Lützen geben - das Gelände, auf dem sich die Gedenkstätte befindet. "Eine Legende", lacht er.
Bald, sagt Maik Reichel, werde er das Kronprinzenpaar in den Ort einladen. Und fügt hoffnungsfroh hinzu: "Ich gehe natürlich davon aus, dass sie kommen." Nicht nur 1991 hatte es in Lützen hohen Besuch aus Schweden gegeben: Dreimal waren König Carl Gustaf und Königin Silvia später da - einmal davon inkognito, berichtet der Bürgermeister.
"Nach den Besuchen werde ich oft gefragt", berichtet Dietmar Hennicke, der die Gedenkstätte bis vor drei Jahren betreut hat und heute noch mehrmals pro Woche Gäste herumführt. Und dann beginnt er zu schwärmen: von jenem Wintertag Ende 1994, als er das Königspaar traf. Es war anlässlich des 400. Geburtstages von Gustav Adolf angereist. Als damaliger Kustos der Gedenkstätte sei er einer von vier Einwohnern gewesen, die das Paar dort persönlich begrüßen durften. "Ein Moment, den man nie vergisst", sagt der 63-jährige Pensionär. Königin Silvia, "eine Erscheinung", hat ihn maßlos beeindruckt. In zwei Fotoalben hat der Fan der schwedischen Königsfamilie Bilder von damals gesammelt.
Die heutige TV-Übertragung der Hochzeit von Victoria, deren Besuch in Lützen er damals natürlich auch nicht verpasst hat, kann sich Dietmar Hennicke allerdings nicht live ansehen. Er wird zu der Zeit eine Reisegruppe durch die Gedenkstätte führen. "Aber mein Schwager nimmt es für mich auf", sagt er voller Vorfreude. Und ist sich sicher: "Victoria wird eine sehr hübsche Braut sein."
Die Gedenkstätte ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter: 034444-20317