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Brauchtum im Harz Brauchtum im Harz: Altenbraker Weihnachtsmänner auf Tour

Von Jürgen Korsch 17.12.2001, 13:08

Altenbrak/dpa. - Wenn das Harzdorf Altenbrak noch im Dunkeln liegt, startet derZug. Gegen sechs Uhr ertönt lautes Schellengeläut und Peitschenknall,Hufegetrappel und Hühott-Rufe sind zu hören. Zu sehen ist nichts,denn für den Umzug werden sogar die Straßenlaternen im Dorf gelöscht.Erst geht es durch Altenbrak, dann gibt es das gleiche Schauspielauch im Nachbarort Treseburg.

Die Weihnachtsmänner aus dem 500-Seelen-Dorf, die mit ihrenPeitschen und schwerem Schellengeläut diesen Zug des Weihnachtsmannesveranstalten, gehören zur bundesweit einmaligen «BrauchtumsgruppeWeihnachtsmann e.V.», die jedes Jahr im Dezember viel zu tun hat.

«Es heißt, der Weihnachtsmann zieht sich in die Berge zurück undes kann beschert werden», berichtet Hans-Jürgen Mros. Der 53jährigeBahnangestellte ist Vorsitzender von 45 Hobby-Weihnachtsmännern. Auchin den Tagen vor dem Fest hat die Gruppe einiges zu tun. Auf einerJahreshauptversammlung vor dem ersten Advent werden die Aufgabenverteilt. Am 1. Advent dann holen die Weihnachtsmänner eine Tanne ausdem Wald und stellen sie im Ort auf. Diesmal war es ein acht Meterhoher Baum, der jetzt die Harzgemeinde schmückt. Am 6. Dezemberbeschenkten die Männer als Nikoläuse die 14 Kinder des Ortes.

Höhepunkt der jährlichen Vereinsaktivitäten ist der Umzug amWeihnachtsmorgen. «Vorneweg geht erst eine Gruppe Peitschenschläger,dann kommen die Schellenträger», erzählt der Vereinschef. Es gibt 13Schellenträger, die eine 60 mal 80 Zentimeter große und rund zehnKilo schwere Ledermatte mit zehn bis 15 Messingglocken auf dem Rückentragen. «Die müssen dann ordentlich stampfen, damit sich das Geläutauch echt nach einem Pferdegespann mit Glocken anhört», sagt Mros.Zum Schluss folgt nochmals eine Gruppe mit Peitschenschlägern.

Bis 1945 sei in der Region auch noch am Morgen des erstenWeihnachtstages beschert worden, sagt Mros. Heute gibt es dieGeschenke schon früher, doch beim Zug der Weihnachtsmänner, in diesemJahr zum 136. Mal, stünden die Kinder immer gebannt hinter denGardinen und lauschten.

Der Brauch geht übrigens zurück auf einen Zechabend in einemAltenbraker Wirtshaus anno 1865. Nach Überlieferungen haben damalseinige junge Leute die schelmische Idee zum Umzug gehabt. So seiensie nach dem Kneipenbesuch durch den Ort gelaufen und hätten dieGeräusche des himmlischen Pferdegespannes nachgemacht.

Aus der Tradition heraus wuchs die Brauchtumsgruppe, die angesehenist und kaum Nachwuchssorgen hat. «Die jungen Männer im Ort wollenfast alle Weihnachtsmänner werden, wenn sie 18 sind», sagt Mros.Neuaufnahmen finden bei einem ordentlichen Frühschoppen statt, zu demsich die Weihnachtsmänner nach dem Umzug treffen. Diese Neuaufnahmensind nochmals eine besondere Gaudi. Der frischgebackeneWeihnachtsmann wird dabei, an Armen und Beinen festgehalten, mehrmalsüber ein Fass gerollt, das sogenannte Fassrumpeln.

«Für einige ist wohl auch der Frühschoppen ein Grund, bei unsmitzumachen», meint der Vereinschef. Denn welche Ehefrau würde ihrenEhemann am Weihnachtsmorgen schon zu einem Frühschoppen lassen? Sogeht der gute Alte vorweg im Zug der Weihnachtsmänner und kommtmittags schwankend und mit roter Nase wieder heim. Und für ein Jahrkehrt danach wieder Ruhe ein in dem Harzdorf.