1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Bomben auf Magdeburg: Bomben auf Magdeburg: Als der Krieg zurückkehrte

Bomben auf Magdeburg Bomben auf Magdeburg: Als der Krieg zurückkehrte

Von Peter Holz 16.01.2003, 19:21
Der Marktplatz von Magdeburg nach einemBombenangriff im Zweiten Weltkrieg. Die Elbestädtergedachten am Donnerstag des schweren Luftangriffsvor 58 Jahren. (Foto: Stadtarchiv Magdeburg)
Der Marktplatz von Magdeburg nach einemBombenangriff im Zweiten Weltkrieg. Die Elbestädtergedachten am Donnerstag des schweren Luftangriffsvor 58 Jahren. (Foto: Stadtarchiv Magdeburg) ddp

Magdeburg/MZ. - Als riesige, rot leuchtende Fackel prägte sich dem damals neunjährigen Lutz Friestedt das Bild vom brennenden Turm der Katharinen-Kirche ein. Gestern vor 58 Jahren versank Magdeburg im Bombenhagel alliierter Verbände innerhalb von 39 Minuten in Schutt und Asche. Mit Kranzniederlegungen und Konzerten gedachten die Elbestädter am Donnerstag des Infernos. Wie jedes Jahr war auch Friestedt dabei. Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) sagte am Gräberfeld des Magdeburger Westfriedhofs: "Die Wunden, die dieser Tag geschlagen hat, sind bis heute nicht verheilt."

Wie in einem Video sind an diesen Tagen die Bilder der Verwüstung wieder im Kopf von Lutz Friestedt - als sich die Menschen mit nassen Tüchern vorm Gesicht durch Qualm und Feuer kämpfen. Er erinnert sich an seine Angst im Keller, an das Platzen der Fenster. Leuchtbomben, die so genannten Christbäume, erleuchteten die Stadt - der Angriff begann 21.28 Uhr. Zur Zahl der Opfer gibt es bis heute widersprüchliche Angaben. Mehrere Tausend sind es auf jeden Fall, doch das Ausmaß des Schreckens kann man nicht an den Toten festmachen, sagt Friestedt. Magdeburg hat sein Gesicht verloren, trotz aller neuen Akzente, die besonders nach der Wende gesetzt wurden.

Das historische Zentrum Magdeburgs wurde zu 80 Prozent zerstört. Am Breiten Weg, eine der bedeutendsten Barockstraßen Deutschlands, blieben nur zwei Häuser unbeschädigt. Nach Hamburg, Köln und Dresden gilt Magdeburg als die am stärksten zerstörte deutsche Stadt. Von 33700 Wohnungen in den bombardierten Gebieten wurden 26085 vernichtet. Noch im März 1945 versank auch Dessau im Bombenhagel.

Doch Friestedt weiß aus Gesprächen mit Überlebenden von Wirkungen anderer Art. Der Bombenkrieg - in Magdeburg hatte es 400 Mal Fliegeralarm gegeben - hatte unbarmherzig in die Alltagsgewohnheiten eingegriffen. Leben im Luftschutzraum, mit Provisorien, in Trümmern. Selbst wer sich heraushalten wollte, sah sich nun mit den Folgen des Krieges konfrontiert. Unauslöschlich sind die Bombennächte im Gedächtnis eingegraben. Durch viele Erzählungen kamen die Schrecknisse auch an die Nachgeborenen - das ist wohl auch die Ursache für die Betroffenheit, die das Thema noch heute auslöst.