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Biologie Biologie: Forschung im Klima-Stress

Von Katrin Löwe 17.10.2013, 17:06
Forschung an Gewächshaus-Gerste: IZN-Koordinator Carsten Milkowski, Doktorand Ricardo Happeck und Professor Edgar Peiter (von links)
Forschung an Gewächshaus-Gerste: IZN-Koordinator Carsten Milkowski, Doktorand Ricardo Happeck und Professor Edgar Peiter (von links) Andreas Stedtler Lizenz

Halle/MZ - Manchmal hilft auch der Wissenschaft ein Stückchen Zufall. Ein solches war es, das den Forschern in Halle zu einer Erkenntnis besonderer Art verhalf. Es ist ein ganz bestimmtes Gen, das die Ackerschmalwand resistenter gegen Überflutungsfolgen macht. „Wirtschaftlich hat das keine Bedeutung“, sagt Professor Edgar Peiter vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Martin-Luther-Universität. Die Ackerschmalwand gilt als Unkraut. Gut möglich aber, dass überflutungsresistente Nutzpflanzen eines Tages ein Forschungsthema werden.

Fakt ist für die Wissenschaftler - auch nach der jüngsten Flut im Juni - jedenfalls eines: Die durch den Klimawandel zunehmenden Extremwetterlagen bedeuten mehr Stress für Nutzpflanzen. Und mithin eine größere Gefahr von Ertragsausfällen. „Die Erträge schwanken schon heute stärker als vor 20 Jahren“, sagt Peiter. In Mitteldeutschland mache den Pflanzen vor allem die Frühsommer-Trockenheit schwer zu schaffen - mit Ertragsausfällen im zweistelligen Prozentbereich.

Das „Interdisziplinäre Zentrum für Nutzpflanzenforschung“ (IZN) arbeitet deshalb daran zu verstehen, was genau in den Pflanzen bei Stress vor sich geht - insbesondere bei Trockenstress und Pilzbefall. Der dezentrale Forschungsverbund aus Martin-Luther-Universität, dem Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie Halle, dem IPK Gatersleben sowie dem Julius-Kühn-Institut Quedlinburg arbeitet seit Anfang 2010. Er wird zunächst bis Ende 2014 mit fünf Millionen Euro vom Land gefördert. Finanziert werden darüber zehn Forschungsprojekte und zwei Nachwuchsgruppen sowie unter anderem 17 Doktorandenstellen.

Die große Tradition der Pflanzenforschung in Sachsen-Anhalt sei für das Zentrum und einen intensiven Austausch unter den Wissenschaftlern ideal, sagt Professor Klaus Humbeck vom Institut für Biologie der MLU - wie Edgar Peiter Leiter eines der Forschungsprojekte. Im Fokus des IZN stehen Gerste, Mais und Kartoffeln, jeweils unter molekularem, gentechnischem und biochemischem Blickwinkel.

Pflanzen reagieren auf Trockenstress. Sie akkumulieren Stoffe, die Wasser in Zellen ziehen. Sie können über das Schließen von Poren auf den Blättern die Verdunstung senken. „Sie sind ganz schön clever und manche sind cleverer als andere. Wir wollen wissen warum“, so Humbeck. Untersucht wird deshalb vor allem die Rolle einzelner Gene und Proteine - dafür kann das IZN auch auf die Gendatenbank aus Gatersleben zurückgreifen. Da die meisten Merkmale durch mehrere Gene beeinflusst werden, ist das Thema jedoch komplex - zumal in der Natur verschiedene Stressfaktoren wie Feuchtigkeit, Licht, Kälte oder Pilze gleichzeitig variieren. „Mir nutzt keine trockenresistente Pflanze, die beim ersten Pilz umfällt“, so Humbeck.

Bis zur „perfekten“ Gerste - so es sie überhaupt gibt - wird es also dauern, zumal die Forschung auch von den Generationszyklen der Pflanzen abhängig ist. Das IZN sei inzwischen aber gut vernetzt und beginne, sprichwörtlich erste Früchte zu tragen, sagen die Professoren. Man fange an, einige Mechanismen zu verstehen. Und: Auch bei den Studenten wächst das Interesse. Im neuen Masterstudiengang Nutzpflanzenwissenschaft, der von IZN-Mitgliedern getragen wird, steigen die Bewerberzahlen.