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Bildung Bildung: Entspannt nach Pausen-Kick

Von Alexander Schierholz 06.04.2006, 17:28

Gröbzig/MZ. - Als das Ziel in Sicht kommt, ist der Ort im Kreis Köthen schon wieder zu Ende: Zwischen Wiesen und Feldern am Stadtrand steht seit Mitte der 90er Jahre die Sekundarschule Gröbzig. Viel Grün. Ein großzügiger Pausenhof. Ein lichtes Foyer. 389 Schüler in 20 Klassen. Das Ergebnis einer Jahre währenden Schulfusion. "Was heute eine Schule ist, waren früher fünf", sagt Rektor Harry Kurch.

Das birgt Konfliktstoff, könnte man denken. Aber offenbar nicht in der 9 a. Denn eins muss Sarah, 15, gleich mal feststellen: "Wir halten zusammen!" Die 9 a, 23 Schüler, ist eine zusammengewürfelte Klasse, mit "Alteingesessenen" aus Gröbzig. Und Kindern aus Görzig, ein paar Dörfer weiter. Die dortige Sekundarschule wurde vor zwei Jahren aufgelöst.

Und wie ist das nun so, mit den Görzigern und den Gröbzigern? Da gebe es immer noch Gruppen, die auf dem Schulhof getrennt stehen, erzählen die 15- und 16-Jährigen. Von kleinen Streitereien ist die Rede. "Rempeleien, sowas eben", meint Patrick. Aber nichts Ernstes. Und schon gar nicht solche Vorfälle wie in Berlin oder Gardelegen. Dass Lehrer Briefe schreiben, weil sie mit Schülern nicht mehr zurecht kommen, das hat sie erschreckt in der 9 a. "Das kann man sich gar nicht vorstellen", sagt Nicole, "das ist doch bei uns auch nicht so."

Das Rezept in Gröbzig heißt: Druck rausnehmen. Das Mittel: Pausensport. "Im Sommer spielen wir immer Fußball", erzählt Patrick. Zwei Felder gibt es. Auch Basketball ist möglich. Oder Tischtennis. Für Freistunden steht eine Kantine offen. Zwei Schülerbands gibt es, in einer, bei den "Wilden Jungs", spielt Oliver aus der 9 a Schlagzeug. Was macht er in den Pausen? "Proben", sagt der 14-Jährige, der alles andere als wild aussieht. Auch wenn längst nicht jeder Schüler den Pausensport nutzt: Dem Schulklima tut das Angebot gut. "Das hilft beim Frustabbau", sagt Thomas Block, der Klassenlehrer der 9 a. "Die Schüler gehen entspannter in den Unterricht." Eine Binsenweisheit, aber in Gröbzig scheint es zu funktionieren.

Seit knapp zwei Jahren nimmt die Schule an einem europäischen Projekt für Fitness teil: Walken, Joggen oder Uni-Hockey stehen auf dem Programm im Sportunterricht. Regelmäßig gibt es Treffen der sechs Partnerschulen aus Deutschland, Irland, England, Portugal und Italien. Für die Gröbziger ist das Projekt auch ein Blick über den Tellerrand. "Wir sind deshalb ja keine Gesundheitsschule", meint Deutsch- und Geschichtslehrer Block scherzhaft. Auch in Gröbzig gebe es rauchende Schüler, die von Sport nichts wissen wollen.

Und Schüler, die Spaß daran haben, Toiletten zu demolieren. Schulleiter Harry Kurch räumt ein, das sei durchaus ein Problem gewesen. Im ersten Jahr nach der Zusammenlegung mit anderen Schulen habe man verstärkt Zerstörungen registriert. "Da hat sich Frust aufgebaut, zum Beispiel durch lange Anfahrtswege. Das war ja alles neu." Noch immer sind Toiletten defekt, weil der Kreis kein Geld hat, sie ständig reparieren zu lassen.

Nun ist es nicht so, dass sie in Gröbzig keine anderen Probleme hätten. Fünf Hauptschulklassen gibt es dort, in zweien davon "herrschen schon Frust und Konfliktpotenzial", wie Thomas Block sagt. Der 42-Jährige wehrt sich aber gegen Pauschalisierungen. "Es gibt auch Realschulklassen, mit denen kann man ganz schlecht arbeiten. Man kann diese Debatte eben nicht an der Schulform festmachen."

Die Folgen der Schulfusionen, sagt Rektor Harry Kurch, habe man mittlerweile im Griff. Werden Klassen neu zusammengestellt, "dann achten wir darauf, dass ein paar Freunde beieinander bleiben", erläutert Block. Niemand solle zum Außenseiter werden. So könnten auch Gröbziger und Görziger noch zueinander finden. "Die sollen doch einfach die Klassen mehr mischen", findet Sarah aus der 9 a. "Das geht bei uns ja auch."