Besuch Besuch: Der Bundespräsident sucht die Krise
MAGDEBURG/MZ. - Er sitzt in einem Besprechungsraum von FAM, der Bundespräsident ist zu Besuch. Horst Köhler will wissen, ob die Krise schon angekommen ist. Im Unternehmen. In den Köpfen. Die Antwort des Studenten dürfte Köhler bestätigen, der jetzt - kurz vor der Präsidentenwahl am 23. Mai - wieder im Land unterwegs ist. Er will, wie er sagt, wissen, was die Bürger bewegt. Sein Befund: "Es gibt Spannung und Unsicherheit, aber keine Ratlosigkeit und Verzweiflung." Vielmehr will Köhler bei vielen Deutschen den Willen ausgemacht haben, "aus der Krise gestärkt hervorzugehen".
Krise? Welche Krise?
Lutz Petermann drückt es zwei Stunden vorher anders aus: "Wenn ich auch noch Trübsal blase, was sollen dann meine Leute machen." Gerade hat der Geschäftsführer von FAM Köhler das auf Großgeräte für Schüttgut-Fördertechnik spezialisierte Unternehmen vorgestellt: 1 000 Mitarbeiter weltweit, 213 Millionen Euro Umsatz, Kunden in mehr als 70 Ländern, in den letzten drei Jahren nicht abhängig von Krediten. Gut, räumt Petermann ein, die Auftragseingänge seien leicht geschrumpft, auf das Niveau von 2006, "aber da ging es uns auch nicht schlecht". Krise? Welche Krise?
Eine Erfolgsgeschichte, die nach dem Geschmack des Präsidenten sein dürfte, dem es ganz offensichtlich auch darum geht, Optimismus zu verbreiten. "Ich will nicht sagen, dass alles in Ordnung ist in Ostdeutschland", erklärt er nach dem Firmenbesuch, aber es gebe Positives, auf das die Menschen stolz sein könnten. "Mir ist das wichtig, weil ich davon auch in West- und Süddeutschland erzählen kann."
Am Erfolg beteiligt
In diesem Zusammenhang hat Wolfgang Böhmer (CDU) kurz zuvor noch eine Bitte gehabt an den Bundespräsidenten: Wenn Köhler schon aus den neuen Ländern berichte, so Sachsen-Anhalts Ministerpräsident, solle er doch auch erzählen, wie hoch die Bereitschaft von Management und Belegschaften sei zusammenzuhalten. Böhmer meint damit Haustarifverträge, wie es sie bei FAM gibt. Dort werden die Mitarbeiter am Erfolg beteiligt, umgekehrt haben sie in schlechteren Zeiten auch schon mal Lohneinbußen hingenommen. Wenn er die Möglichkeit habe, auf diese Weise seinen Job zu erhalten, sagt Industriemechaniker-Lehrling Andre Bothur, "dann ist das doch positiv". Nachfragen, zuhören, loben: Der Präsident ist an diesem Vormittag in seinem Element. Und der 23. Mai weit weg. Nein, nervös sei er nicht, sagt er auf die Frage eines Journalisten: "Ich mache meine Arbeit." Und eine Bilanz seiner ersten Amtszeit? "Die ziehe ich, wenn die Amtszeit vorüber ist."