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Bergbau der DDR Bergbau der DDR: Mitteldeutsches Uran machte Sowjetunion zur Weltmacht

Von Ralf Hübner 23.06.2011, 06:11
Die Strecke auf der 180-Meter-Sohle des Schachtes 367 im Sanierungsbetrieb Ronneburg der Wismut GmbH. (FOTO: DPA/ARCHIV)
Die Strecke auf der 180-Meter-Sohle des Schachtes 367 im Sanierungsbetrieb Ronneburg der Wismut GmbH. (FOTO: DPA/ARCHIV) Zentralbild

Chemnitz/dpa. - Alte Dokumente beweisen: Uran aus dem Erzgebirge und Thüringenmachten die Sowjetunion einst zur Supermacht. Deutsche und russischeHistoriker haben die Geschichte der früheren Wismut AG erforscht.

Jetzt ist es wissenschaftlich erwiesen: Erstmit dem Uran aus Erzgebirge und Thüringen stieg die Sowjetunioneinst zur nuklearen Supermacht auf. «Die erste sowjetischenAtombombe von 1949 wäre ohne dieses Uran deutlich später fertiggeworden», sagte der Historiker Rudolf Boch von der TU Chemnitz, derdas Projekt geleitet hat, am Mittwoch. Dokumente aus russischenArchiven belegten das. 14 Wissenschaftler aus Deutschland undRussland haben seit 2008 den Uranbergbau der DDR und die ehemaligenWismut AG erforscht. Pünktlich zum 20. Geburtstag desNachfolgeunternehmens, der Wismut GmbH, liegt das 600 Seiten starkeWerk jetzt auf dem Tisch.

«Ohne die Bombe wäre die Sowjetunion in der neuen Weltordnungnach dem Zweiten Weltkrieg lange nur Juniorpartner gewesen», sagteBoch. «Bis Anfang der 50er Jahre war der Uranbergbau im Erzgebirgeund in Thüringen im Moskau deshalb ganz hoch angebunden.» Etwa 1947ging es los und schon 1952 hatte die Wismut AG Belgisch-Kongo alsden weltweit führenden Uranproduzenten von der Spitze verdrängt.

Die Studie nimmt den lange so geheimen DDR-Uranbergbau und dieSowjetisch-Deutschen AG Wismut aus verschiedenen Richtungen in denBlick. Die Arbeiter etwa wurden vor allem anfangszwangsverpflichtet. Kleinste Vergehen wurde mit Verhaftungengeahndet, brachte den Lauten laut Boch aber meist nur einige TageArrest ein. 70 Wismut-Leute wurden Anfang der 1950er Jahre in Moskauerschossen. Ihnen war Spionage oder Sabotage vorgeworfen worden.

Doch noch vor den Arbeiterunruhen von 1953 änderten die Sowjetsihre Strategie und versuchten jetzt mit Anreizen, Geld undPrivilegien die Stimmung der Bergleute aufzuhellen. Die Wismutermöglichte plötzlich sozialen Aufstieg und Karriere. «Diegesundheitlichen Risiken der Arbeit waren allgemein bekannt», sagteBoch. Aber Gehaltszuschläge sollten die gesundheitlichen Risikenkompensieren. Erst ab Mitte der 1950er sei es mit dem Strahlenschutzbesser geworden und ab Anfang der 1970er Jahr wurden die Grenzwertein der Regel eingehalten. Auch die Umweltschäden waren keinGeheimnis. Ein Umweltbericht der Wismut von 1959 beschreibt zum Teilgroßflächige radioaktive Verschmutzungen.

Das Unternehmen hielt sich einen Erstliga-Fußballverein, ließeinen Kulturpalast bauen und betätigte sich als Kunstmäzen. Imkünftigen Haus der Archäologie in Chemnitz soll ein Teil der mehrals 4000 Wismut-Kunstwerke zu sehen sein. Einige Künstlerprotestieren Boch findet es gut. Die Wismutkunst spiegele Geschichtewider. Die Bilder der 1980er Jahre seien sogar teilweise Dokumenteeiner zerstörten Landschaft. «Warum soll das nicht ausgestelltwerden?»

Rund 80 000 Tonnen Uran wurden in Sachsen und Thüringen aus demBerg geholt. Einen neue Wismut GmbH rekultiviert seit 1991 dieBergbau-Hinterlassenschaften. Rund 1400 Projekte wurden in Angriffgenommen, von den geplanten 6,4 Milliarden Euro sind nach Angebendes Unternehmens bisher 5,4 Milliarden Euro aufgebraucht. Die Kostenwerden voraussichtlich bis auf rund sieben Milliarden Euro steigen.Am 1. Juli will die neue Wismut in Bad Schlema im Erzgebirge beimBergmannstag ihr 20. Jubiläum groß feiern.

Weiße Flecken in der Wismut-Geschichte gibt es laut Boch nun kaumnoch. Das Ergebnis der Forschungen wird von diesem Donnerstag an bisSamstag in Chemnitz bei einer Tagung vorgestellt.