Barmer GEK und Zahnärzte Barmer GEK und Zahnärzte: Karies schon bei Einjährigen

Magdeburg/MZ - Ein Jahr alt - und schon Anzeichen von Karies? Für etwa zwei Prozent der Kinder in Sachsen-Anhalt trifft das zu. Bei den Fünfjährigen sind es dann schon mehr als 40 Prozent, bei denen eine Frühkindliche Karies - im Volksmund auch Nuckelflaschenkaries genannt - festgestellt wird. Das geht aus Untersuchungen der Kinder- und Jugendzahnärztlichen Dienste der Gesundheitsämter Sachsen-Anhalts in den Schuljahren 2009/2010 bis 2012/2013 hervor. Frühkindliche Karies liegt vor, wenn im Gebiss des Kindes mindestens ein kariöser Zahn, ein gezogener beziehungsweise ein ausgefallener oder ein sanierter Zahn vorhanden ist.
Alarmierender Befund
Für die Zahnärzte in Sachsen-Anhalt ist das ein alarmierender Befund. Denn: „Wenn die Milchzähne lange gesund bleiben, ist die Prognose für das bleibende Gebiss wesentlich besser“, sagt Dieter Hanisch, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalts (KZV). Er weist zugleich darauf hin, dass die Sprachentwicklung, die Aufnahme gesunder, mineralstoffhaltiger Nahrung und nicht zuletzt die Entwicklung sozialer Kontakte eng mit gesunden Milchzähnen verbunden sind. Wer schlechte Zähne hat, wird oft ausgegrenzt.
Bisher ist Zahngesundheit bis zum 30. Lebensmonat Aufgabe der Kinderärzte. Doch, so Hanisch, sei das nicht sehr effektiv. Er fordert seit langem eine frühzeitig einsetzende zahnärztliche Prävention. Dieser Forderung trägt nun ein Vertrag zwischen KZV und der Barmer GEK Rechnung, der am Donnerstag unterzeichnet wurde. Künftig können Kleinkinder zwischen sechs und 30 Monaten zwei Früherkennungsuntersuchungen beim Zahnarzt nutzen. Dabei wird das Kariesrisiko eingeschätzt und die Eltern erhalten Ratschläge etwa zur Ernährung des Kindes. „Wir schließen so eine Lücke in der Versorgung“, sagt Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK. Ab 1. April 2014 können rund 4 000 Kinder aus Sachsen-Anhalt, die bei der Barmer versichert sind, das Angebot nutzen.
Die Barmer ist die erste Kasse im Land, die ein solches Angebot macht. Und sie ist nach eigenen Aussagen auch in den neuen Ländern Vorreiter. Ihr Kalkül: Sie will frühzeitig und mit geringen Kosten Entwicklungen vorbeugen, die sie später viel Geld kosten könnten. So veranschlagt Wiedemann für die Untersuchungen pro Kind 60 Euro. Eine spätere kieferorthopädische Behandlung, die ihre Ursache oft in schlechten Milchzähnen hat, könnte mit 3 000 bis 12 000 Euro pro Fall zu Buche schlagen. „Wir sind auch Kaufleute“, sagt er. Die Kasse spart also Geld. Hanisch drückt es anders aus. „Es wird Krankheit gespart“, sagt er vor dem Hintergrund, dass in Sachsen-Anhalt etwa 40 Prozent der Kinder in kieferorthopädischer Behandlung sind.
Die Kasse wartet ab
Hanisch hätte auch nichts dagegen, wenn sich andere Kassen der Barmer anschließen würden. Allerdings stößt er da derzeit zumindest bei der AOK und der Techniker Krankenkasse auf taube Ohren. AOK-Sprecher Andreas Arnsfeld verweist darauf, dass derzeit „eine Übernahme zusätzlicher zahnmedizinisch-präventiver Leistungen als Regelleistung auf Bundesebene geprüft und diskutiert“ werde. Im Klartext: Die Kasse wartet ab. Jens Hennicke, TK-Landeschef , sagt es deutlich: „Derzeit sehen wir keinen Handlungsbedarf, einen neuen Vertrag zu schließen.“ Frühkindliche Karies sei in vielen Fällen ein soziales Problem. Hier müsse angesetzt werden. Wie das gehen kann , darüber zerbricht sich auch Zahnarzt Hanisch den Kopf. Zwei Drittel der Fälle treten in sozial schwachen Familien auf. Und an die sei oft schwer ranzukommen.