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Babyboomer Babyboomer: Jahrgang 1964 feiert 50. Geburtstag

Von iris stein 12.01.2014, 14:38
Hape Kerkeling, Komiker, Autor, Moderator, Sänger, Schauspieler - er kann alles und hat am 9. Dezember Geburtstag.
Hape Kerkeling, Komiker, Autor, Moderator, Sänger, Schauspieler - er kann alles und hat am 9. Dezember Geburtstag. dpa Lizenz

Halle (Saale)/MZ. - Der erste Prominente hat seinen runden Geburtstag schon knapp eine Woche hinter sich: Am 6. Januar wurde Henry Maske 50. Mehr als eine Million Deutsche sind in diesem Jahr in der gleichen Lage. Sie wurden in den ersten Tagen des neuen Jahres oder werden in seinem Verlauf ein halbes Jahrhundert alt.

Dann kam der Pillenknick

Der Jahrgang 1964 ist der zahlenmäßig stärkste, der im Nachkriegs-Deutschland geboren wurde: Genau 1 357 304 Lebendgeburten registrierten das Statistische Bundesamt und die Standesämter der DDR. 3 708 am Tag, 155 in jeder Stunde! Zum Vergleich: Im Jahr 2012 war es gerade mal noch die halbe Anzahl. Kinder kriegen die Leute immer? Mit dieser Aussage lag Kanzler Adenauer weit daneben, der Rückgang der Geburtenzahlen setzte bereits in der zweiten Hälfte der 60er Jahre ein. Pillenknick ist das Wort, das später für den Einbruch der Geburtenziffern die Runde machte.

Doch zuvor zeigte es die damalige Elterngeneration den Nachgeborenen noch einmal so richtig. „Babyboomer“ heißen die Protagonisten des starken Jahrgangs bis heute. Ihr hervorstechendstes Kennzeichen ist die schiere Masse. In den Schulklassen tummelten sich eher 35 statt 25 Schüler. Sie hießen meistens Sabine, Susanne, Martina, Claudia oder Heike und trafen auf Thomas, Michael, Andreas, Stefan und Ralf. Wie einfach! Und sie hatten auch noch Geschwister! Übrigens: 1964 verbuchte auch zum einzigen Mal der Name „Jens“ eine Notierung unter den zehn häufigsten Vornamen.

Arbeitsplatz trotz Geburtenboom

Mancher Vertreter der nun fast 50-Jährigen resümiert, dass er in echt mehr Freunde aufzählen konnte, als die heutigen Schüler bei Facebook sammeln. Und verabreden war überhaupt nicht nötig: Irgendwen traf man einfach immer - es gab ja überall genug Kinder. Später auch genügend Studenten. Im Westteil unseres Landes war gar von einer Akademikerschwemme die Rede angesichts der überfüllten Hörsäle. Die gibt es heute immer noch - trotz längst gesunkener Geburtenzahlen. Der Unterschied: Wer zum Jahrgang 1964 gehörte, fand dennoch in der DDR sowieso, aber auch im Westen Deutschlands zunächst fast immer einen Job. Und nicht selten behielt er ihn sogar - zumindest in den alten Bundesländern - bis heute. Was manchen Einsteiger in den Arbeitsmarkt gegenwärtig zur Resignation veranlasst: Zu viele Ältere blockieren rare Stellen. Wenn alles gut geht, werden sie das auch noch eine ganze Weile weiter tun, denn der Jahrgang 1964 ist der erste, der bis zum Erreichen des 67 . Geburtstags arbeiten muss, will er eine staatliche Rente. Andererseits erlebte der starke Jahrgang auch gewaltige Arbeitsmarktkrisen. „Diese Generation ist eigentlich die erste gewesen, die die Erfahrung gemacht hat, dass es ihr nicht mehr unbedingt besser geht als den Eltern“, so Paul Nolte, Historiker an der Freien Universität Berlin, selbst 1963 geboren.

Netter Jahrgang

Nolte ist es auch, der die Babyboomer als eine „sehr unauffällige und normale, auch pragmatische Generation“ kennzeichnet, „die einfach da ist, ihre Arbeit macht und den Karren weiterzieht“. So aufmüpfig wie die unmittelbaren Vorgänger, die nicht nach ihrem Geburtsjahr, sondern dem Jahr ihres Aufbegehrens 68er genannte Generation, ist der Jahrgang 1964 nämlich keineswegs. Im Gegenteil. Für nahezu alle prominenten Vertreter ist das Adjektiv „nett“ durchaus eine passende Beschreibung. Zu den auf dieser Seite im Bild gezeigten gesellen sich beispielsweise auch Ex-Fußball-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann, Schwimmer Michael Gross, die Sängerin Nicole oder auch Moderator Johannes B. Kerner.

Überhaupt mauserten sich die Babyboomer nach Ansicht des Historikers Nolte nie zu einer eigenen Generation: „Geburtsjahrgänge gibt es natürlich immer, aber zu einer Generation werden sie erst dann, wenn sie so etwas wie eine innere kollektive Bewusstwerdung erfahren. Sie müssen nicht unbedingt gleich eine Revolution machen, aber doch ein Bewusstsein dafür haben, dass sie vor gemeinsamen Herausforderungen stehen.“

Fehler werden weniger

Mit der Revolution war es nichts in diesem Leben. Doch zumindest ein Teil des Jahrgangs 1964 dürfte in der DDR an der Wende beteiligt gewesen sein. Und es bleiben ja noch ein paar Möglichkeiten. Der 50. Geburtstag, das ist ein Einschnitt, an dem Bilanz gezogen wird. Die größten Fehler sind im Allgemeinen gemacht, der Platz im Leben ist gefunden. Wer daraus schließt, von jetzt an könne es nur noch bergab gehen, liegt ganz falsch. Er darf sich bei den Älteren erkundigen: Die Fehler werden wirklich weniger, dafür sorgt die Erfahrung. Herausforderungen gibt es jedoch durchaus auch noch jenseits der magischen 50.