Autobahnen in Sachsen-Anhalt Autobahnen in Sachsen-Anhalt: Fragen und Antworten zu Betonkrebs und Hitzeschäden

Halle (Saale)/MZ - Die MZ beantwortet zentrale Fragen zum Thema Betonkrebs und Hitzeschäden:
Was genau ist überhaupt Betonkrebs?
Auf jeden Fall ein Wort, das ein Fachmann so nie in den Mund nehmen würde. Offiziell heißt das Phänomen Alkali-Kieselsäure-Reaktion. Es beschreibt einen chemischen Prozess zwischen Kieselsäure, die in dem für Beton genutzten Kies oder Splitt enthalten ist, und verschiedenen Alkalien, die unter anderem mit Tausalzen in den Beton eindringen. Zusammen mit Regenwasser bildet sich ein Gel, das den Beton im Laufe der Jahre aufsprengt.
Welches Ausmaß hat das Problem angenommen?
In Sachsen-Anhalt sind rund 220 von 956 Kilometern Richtungsfahrbahn der Autobahnen 9, 14 und 38 betroffen. Das Verkehrsministerium rechnet damit, dass es bis 2023 dauern wird, die Schäden zu beseitigen. Allein bis 2018 sollen gemeinsam mit dem Bund rund 126 Millionen Euro investiert werden.
Auf der nächsten Seite lesen Sie, welche Folgen die Schäden für Autofahrer hat und was das Land dagegen tut.
Welche Folgen hat das für Kraftfahrer?
Zunächst einmal die, dass wegen der Reparaturarbeiten natürlich Staus drohen. Derzeit wird zum Beispiel auf der Autobahn 9 bei Dessau-Roßlau und bei Naumburg wegen Betonkrebs gebaut. Bei Dessau erwies er sich als so tief, dass die ursprünglich geplante Bauzeit nicht ausreicht. Jetzt soll fünf Wochen länger bis Ende August gebaut werden, außerdem wird das Projekt mit knapp acht Millionen Euro Kosten doppelt so teuer. Der finanzielle Aspekt ist der zweite: Baufirmen können für die Schäden in der Regel nicht mehr in Regress genommen werden, das Geld für Reparaturen kommt also aus Steuermitteln.
War das Bröckeln der Beton-Fahrbahnen nicht absehbar?
Es gibt immer wieder mal Vorwürfe, die Alkali-Kieselsäure-Reaktion sei nicht ernst genug genommen worden. Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) hat das jüngst in einem MZ-Interview zurückgewiesen. Beim Bau der Autobahnen sei Material verwendet worden, dessen Reaktionsfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt gewesen sei. Zuletzt gab es verschiedene Berichte, wonach geologisch bedingt besonders Kies aus Mitteldeutschland anfällig für Betonkrebs ist. Sachsen-Anhalt ist zwar längst nicht das einzige Bundesland, in dem das Problem auftritt - offensichtlich aber stärker betroffen als andere Länder, in denen entweder der richtige Kies genutzt oder Asphalt- statt der eigentlich langlebigeren Betonpisten gebaut wurden.
Wie wird auf das Phänomen reagiert?
Das Land hat verschiedene Versuche unternommen, Betonkrebs zumindest einzudämmen - unter anderem mit einem speziellen Belag, der die Fahrbahnen versiegeln sollte. Dennoch müssen betroffene Abschnitte zum Teil komplett neu gebaut werden. Inzwischen gibt es allerdings auch eine neue Richtlinie des Bundesverkehrsministeriums. Verwendete Baustoffe müssen jetzt vorher im Labor geprüft werden, um eine Anfälligkeit für Betonkrebs auszuschließen.
