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Aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwunden Aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwunden: Wo sind die Lenin-Statuen in Sachsen-Anhalt?

Von Antonie Städter 14.06.2015, 08:07

Halle (Saale) - In städtischen Depots untergebracht, verliehen oder verkauft: Die meisten Lenin-Denkmäler in Sachsen-Anhalt sind nach dem Ende der DDR aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwunden. Das vielleicht bekannteste jedoch, eine 3,20 Meter hohe und 2,9 Tonnen schwere Bronze-Statue, befindet sich seit vielen Jahren an prominentem Platz: Der Lenin aus Eisleben steht als Dauerleihgabe im Deutschen Historischen Museum in Berlin - und zwar im Eingangsbereich zur Dauerausstellung im dortigen Zeughaus. Kaum zu übersehen, dieser Lenin.

Seine Bekanntheit ist auch ein Ergebnis seiner besonderen Geschichte. Ging doch zu DDR-Zeiten folgende Legende um, die sich später als Propaganda erwies: Arbeiter und Antifaschisten sollen das Denkmal in der Nazi-Zeit vor dem Einschmelzen gerettet und 1945 in Eisleben zur Begrüßung der Roten Armee aufgestellt haben. Jedes Schulkind dort kannte früher diese Geschichte. Doch der MZ-Fotograf Andreas Stedtler fand vor rund zehn Jahren nach umfangreicher Recherche in Archiven und bei Gesprächen mit Zeitzeugen heraus: Die von dem russischen Bildhauer Matwej Maniser geschaffene Bronze-Statue, die als Kriegsbeute in die Region gekommen war, entging eher aus Zufall dem Schmelzofen - weil sie zu groß war und nur mit enormem Aufwand zu zerkleinern gewesen wäre. Stedtler hat seine Erkenntnisse in dem Buch „Die Akte Lenin“ aufgeschrieben.

Plastik zum 100. Geburtstag

In Halle sind auch heute noch Zeugnisse des Lenin-Gedenkens zu sehen. Im Pestalozzi-Park der Stadt befindet sich eine Plastik von 1970, die aus Anlass des 100. Geburtstags des Revolutionsführers angefertigt wurde - wie viele andere der Denkmäler. Zu jenen gehört auch eine große Wandmalerei des Künstlers Erich Enge mit dem Titel „Lenins Worte werden wahr“, die in Halle-Neustadt betrachtet werden kann. Nicht öffentlich zugänglich lagert im Depot des Stadtmuseums zudem eine Lenin-Maske aus Bronze des Künstlers Will Halle. Eingelagert ist auch eine Büste, die bis Ende der 90er Jahre in Halle-Neustadt ausgestellt gewesen ist. Es handele sich bei den Denkmälern zwar um Propagandakunst der DDR, die mehrheitlich im staatlichen Auftrag ausgeführt wurde, sagt der Fachbereichsleiter Kultur der Stadt Halle, Detlef Stallbaum. „Dennoch sind sie Ergebnis künstlerischen Schaffens. Sie werden von der Stadt erhalten und bewahrt - auch als zeithistorische Dokumente.“

Nach der Wende abgebaut

So oder so ähnlich wird es auch andernorts oft gehandhabt. Mitten auf dem Marktplatz von Gröbzig (Anhalt-Bitterfeld) stand bis nach der Wende ein Lenin-Denkmal, wie der Vorsitzende des Heimatvereins im Ort, Otto Kappes, erzählt. „Doch nachdem die Büste mit Farbe beschmiert worden war, entschied der Stadtrat damals nach einiger Überlegung, stattdessen einen Kreisverkehr auf dem Markt einzurichten und in die Mitte eine Linde zu pflanzen.“ Der Baum gedeihe prächtig. Und der Lenin steht in einem Lager der Stadt. In Weißenfels war es ähnlich: Nach zwei Farbanschlägen kam die Lenin-Büste dort Anfang der 90er Jahre in einen Lagerraum im Museum im Schloss Neu-Augustusburg, wo sie noch heute aufbewahrt wird.

Die Geschichte eines anderen Lenin-Denkmals ging derweil ganz woanders weiter: Die aus Merseburg stammende, neun Meter hohe Statue des Sowjetführers, nach der Wende vom Sockel geholt, wurde in die Niederlande gebracht. Ein niederländischer Investor hatte das Denkmal 1997 gekauft. (mz)