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Archäologie Archäologie: Zerstörung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg ist bewiesen

Von Klaus-Peter Voigt 16.05.2007, 11:48
Andrea Pieper, Grabungsleiterin vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt, hält in Magdeburg eine Ofenkachel (l.) und eine Form für eine Ofenkachel in ihren Händen. (Foto: dpa)
Andrea Pieper, Grabungsleiterin vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt, hält in Magdeburg eine Ofenkachel (l.) und eine Form für eine Ofenkachel in ihren Händen. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Magdeburg/ddp. - Bei Grabungen im Fundamentbereich einer künftigen Tiefgarageentdeckten die Wissenschaftler in den vergangenen Wochen TausendeFragmente von Keramikmodeln aus der frühen Neuzeit. Dabei handle essich vorwiegend um Formen für die Herstellung von hochwertigenOfenkacheln, sagte Professor Hans-Georg Stephan von derMartin-Luther-Universität Halle-Wittenberg am Mittwoch in Magdeburg.

Die auf den ersten Blick unscheinbaren Bruchstücke stammen auseiner Töpferwerkstatt, die vermutlich bei der Zerstörung Stadt 1631durch kaiserliche Truppen unter Tilly niederbrannte. Einen solchenumfassenden Fund von Werkzeugen eines Töpfers aus dieser Zeit hat esnach Einschätzung Stephans bislang in Mitteleuropa nicht gegeben. Erstelle deshalb durchaus eine «kleine Sensation» dar. Mit den Modelnlasse sich die gesamte Produktionspalette des Handwerkes des zu Endegehenden 16. und des beginnenden 17. Jahrhunderts nachweisen.

Dazu gehören so genannte Fürstenserien. Beispielsweise ließen sichbislang Darstellungen des Markgrafen von Brandenburg, JohannSiegesmund, ausmachen. Auch Formen für Kacheln mitReformationsmotiven und mit Ornamenten wurden entdeckt.

Nach Einschätzung des hallischen Wissenschaftlers bedeutet derFund «eine Puzzlearbeit für Jahre». Die «traumhaft schönen Kacheln»ließen die Rekonstruktion von Kachelöfen zu, wie sie im 17.Jahrhundert üblich waren. Nur drei vollständige Exemplare existiertenbislang im mitteldeutschen Raum. Sie stehen in der Lutherstube und imMelanchthonhaus in Wittenberg sowie auf der Wartburg in Eisenach.

Daneben lagen in der vier mal fünf Meter Abfallgrube auch Restevon Ofenkacheln, an denen sich deren ursprüngliche Glasur nachweisenlässt, erläuterte Thomas Weber vom Landesamt für ArchäologieSachsen-Anhalts. Mit allen Fundstücken sich erstmals die ZerstörungMagdeburgs im 30-jährigen Krieg archäologisch dokumentieren. Eineweitere Abfallgrube werde in den kommenden Tagen freigelegt.

Grabungsleiterin Andrea Pieper berichtete von verschmolzenem Glasund Metallteilen unter den Funden. Sie seien ein «ziemlich sichererBeleg » dafür, dass die Stadt bei der Einnahme durch kaiserlicheTruppen größtenteils niedergebrannt sei. Auf dem Grabungsgeländekamen auch zahlreiche Ofenstellen und mehrere Brunnen desHochmittelalters ans Tageslicht.