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Arbeit im Ausland Arbeit im Ausland: Mit Vollgas in die Niederlande

Von Steffen Höhne 28.11.2004, 17:03

Magdeburg/Halle/MZ. - Jeden Sonntag bewegt sich eine Blechlawine auf den ostdeutschen Autobahnen Richtung Westen. Doch immer mehr Pendler aus Sachsen-Anhalt treten in Hessen oder Bayern noch mal richtig auf das Gaspedal. Sie arbeiten in Österreich, den Niederlanden oder der Schweiz.

Beim 49-jähren Klaus Hettstedt aus Magdeburg ging alles ganz schnell. Der Kraftfahrer bewarb sich bei der "Eures"-Beratungsstelle der Arbeitsagentur in Magdeburg für einen Job im Ausland. Innerhalb von zwei Wochen wurde er vermittelt. Zukünftig wird er auf einer großen Tunnelbaustelle in den Niederlanden als Stapelfahrer arbeiten. "Lieber im Ausland Geld verdienen als hier arbeitslos", sagt Hettstedt.

Die ganze Woche über von seiner Familie getrennt zu sein, scheint für ihn kein Problem. "Als Kraftfahrer war ich auch oft längere Zeit unterwegs." So wie Hettstedt denken immer mehr Menschen im Land. "In diesem Jahr haben wir über 3 000 Beratungen über Arbeitsmöglichkeiten in der Europäischen Union durchgeführt", erklärt "Eures"-Beraterin Grit Lüderitz-Gerth von der Arbeitsagentur in Magdeburg. "Eures" ist das Netz der Europäischen Arbeitsverwaltungen und soll Jobsuchenden die freie Wahl des Arbeitsplatzes in der EU erleichtern.

Wie viele Menschen aus Sachsen-Anhalt jährlich im Ausland eine Stelle annehmen, darüber gibt es keine Statistik. Lüderitz-Gerth vermittelte in diesem Jahr rund 500 Jobs - Tendenz stark steigend.

"Viele suchen sicher auch auf eigene Faust", so die "Eures"-Beraterin. Die meisten freien Stellen werden in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Großbritannien geboten. Nach ihren Worten sind vor allem deutsche Facharbeiter aus der Metallbranche, dem Baugewerbe und der Gastronomie gefragt. So seien Schlosser oder Schweißer meist gut zu vermitteln.

Der gelernte Maurer David Wölfer aus Quedlinburg wird wie Klaus Hettstedt demnächst in den Niederlanden arbeiten. "Für mich ist es auch mal wichtig, raus zu kommen", meint der 24-Jährige. Seine Freundin studiert derzeit in Holland - da fiel der Schritt leicht. Durch das Zusammenwachsen der EU fallen viele bürokratische Hürden. Dennoch ist nach Ansicht von Lüderitz-Gerth der Schritt nicht zu unterschätzen. "Es fängt mit der Einstellung und Mentalität an", sagte sie. "Viel mehr als in Deutschland muss man sich auf neue Situationen schnell einstellen können." Zwar sei der Verdienst meist höher als in Sachsen-Anhalt, doch Reisekosten und Unterkunft würden nur wenige Arbeitgeber bezahlen. Zudem sind passable Sprachkenntnisse und vorherige Landeskenntnis wichtig, meint Lore-Elisabeth Hentze.

Sie leitet seit über zehn Jahren die Beratungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) für Auslandstätige in Halle. "Man sollte schon eine relativ genaue Vorstellung haben, was einen erwartet", sagt Hentze aus Erfahrung. "Nicht jeder hat das Zeug, ins Ausland zu gehen." Dies hört sich hart an, doch Hentze will keine falschen Hoffnungen wecken.

Eine Vorbereitung ist unerlässlich: In einem Schnellkurs bereiten auch Wölfer und Hettstedt ihren Aufenthalt in den Niederlanden vor. Dazu gehört ein Sprachkurs und der Erwerb eines Bau-Sicherheitspasses. Wölfer ist optimistisch: "In Deutschland verläuft die Arbeit meistens unter Druck, in Holland sind sie freundlicher." Der deutsche Maurer kennt das Land bisher jedoch nur von Besuchen. Wie lange er bleiben will, weiß er noch nicht. Wirklich Auswandern tun jedoch die wenigsten. "Vielleicht zehn Prozent", schätzt Lüderitz-Gerth. Die meisten würden nur für ein oder zwei Jahre bleiben und dann zurückkehren.

Dies ist auch der Plan von Klaus Hettstedt. "Das Arbeitslosengeld II sitzt mir im Nacken", begründet er den Schritt. Doch ist es für ihn ein Abschied auf Zeit. "Irgendwann kommt bei uns der Arbeitsmarkt auch wieder in Schwung."

Die soziale Absicherung ist für imeuropäischen Ausland arbeitende Deutschemeist garantiert. Unabhängig vom Wohnort erhaltenGrenzgänger alle Sozialleistungen in dem Landihres Arbeitgebers. Der Wechsel zwischen denSystemen ist geregelt. Probleme gibt es öftersbeim steuerlichen Status.

Mehr Informationen bei: "Eures"-Beratung Magdeburg, 0391/ 2571206