Zekiwa, Zetti, Zemag Zekiwa, Zetti, Zemag: Als die Industrie-Schlote in Zeitz verschwanden

Zeitz - Zekiwa, Zetti, Zemag: Dass Zeitz eine alte Industriestadt ist, ist auch heute noch an vielen Ecken der Stadt zu sehen. Insbesondere die über das Stadtgebiet verteilten industriellen und technischen Bauwerke aus der Blütezeit der Industrialisierung um 1900 unterstrichen die beachtliche Bedeutung und Wirtschaftskraft von Zeitz.
Davon übrig blieb zumeist hinter den Mauern nur die Erinnerung an eine florierend vielfältige Gewerbelandschaft. Trotz großflächiger Abbrüche unter den Vorzeichen wechselnder Stadtumbau- und Strukturentwicklungsprogramme in den vergangenen Jahrzehnten ist die historische Industriebaukultur dennoch nach wie vor im gesamten Stadtgebiet präsent. Für die Stadtentwicklung stellt dieses Erbe nicht nur eine Herausforderung, sondern Zukunftspotenziale gleichermaßen dar.
Viele Schaulustige verfolgten Schornstein-Sprengung bei Zekiwa
Eine große Schar Schaulustiger verfolgte Anfang November 1994 die Sprengung des Zekiwa-Schornsteins aus dem Jahr 1953. Gleichzeitig war das Auftakt für umfangreiche Abrissmaßnahmen von 1996 bis 1998 auf dem Altwerkgelände in der Geschwister-Scholl-Straße.
Zu diesem Zeitpunkt war die Produktion der Zekiwa GmbH unter Geschäftsführer Bernd Einhorn längst an den Ochsenweg verlegt worden. Übrig blieben vom Altwerk, das die Treuhand verwaltete, lediglich zwei Fabriktrakte: das stadtbildprägende fünfgeschossige Werksgebäude mit einstiger Schmiede von 1908 an der Badstubenvorstadt sowie der Verwaltungsbau von 1909.
Die einstigen Naether’schen Fabrikanlagen gehen auf einen Entwurf des bedeutenden Leipziger Architektenbüros „Händel & Franke“ zurück. Oswald Händel, der 1936 80-jährig starb, konzipierte seit den frühen 1890er Jahren alle Neu- und Umbauvorhaben der Firma E.A. Naether. Gegenwärtig genießt das Revitalisierungsvorhaben der stadteigenen Immobilie, in der auch das Stadtarchiv eine angemessene Heimat finden soll, zurecht oberste Priorität.
Einstige Schokoladenfabrik Zetti sollte Zeitz weltberühmt machen - doch aus den Plänen wurde nichts
Der zwischen 1895 bis 1899 entstandene Fabrikkomplex der 1831 gegründeten Firma F.A. Oehler mit seinem auffallenden Schornstein stellt als Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik ein beachtenswertes Bauzeugnis der Großindustrie in dieser Branche dar.
Die jüngere Geschichte des ehemaligen Zetti-Altwerks ist mit dem Namen Dieter Walter Liedtke verbunden, der als Künstler, vielmehr aber als vermeintlicher Investor den Standort ab 2006 zur „Innovationsfabrik“, einem sogenannten „art open Museum“ der besonderen Art, mit jährlich bis zu 700.000 Besuchern und täglich 40 Bussen, die nach Zeitz strömen sollten, ausbauen wollte.
Aus dem Versprechen, dass Zeitz „weltberühmt“ werden würde und dadurch eine glänzende Zukunft beschieden sei, wurde nicht ansatzweise etwas. Nach wie vor ungeklärt ist, ob zwischen Liedtke und dem ehemaligen Waffengeschäft Gustav Kotte in der Kramerstraße, dessen Schaufensteransicht als Foto in seinem Arbeitsraum im Zetti-Altwerk hing, eine in die Zeitzer Vergangenheit zurückreichende Verbindung besteht.
Industriegeschichte von Zeitz: Konkurrenz dicht an dicht in der Schaedestraße
In unmittelbarer Nachbarschaft der früheren Zekiwa-Puppenwagenfabrik in der Schaedestraße 6 steht das von der Gesellschaft für Mikroelektronik mbH (GfM) genutzte Fabrikgebäude des früheren Saxonia-Werks der Eduard Pfeiffer GmbH. Sie produzierte einst Kinderwagen und Holzwaren.
Hinsichtlich des Standortes überrascht noch immer die Tatsache, wie nahe Konkurrenzunternehmen über Jahrzehnte nebeneinander bestanden.
Die nach einem Entwurf des bekannten Leipziger Architekten Max Fricke 1925 entstandene Fassade des Maschinensaalgebäudes von „Opel & Kühne“ beherrscht den Straßenraum und gehört zu den erhaltenswertesten Industriebaudenkmalen der Stadt. Auf dem Werkgelände, das mit seiner Gebäudeanordnung einer typischen Fabrik des späten 19. Jahrhunderts folgt, hat sich zudem das alte Kontor- und Wohngebäude der Familie des Firmengründers Richard Opel (1860-1927) erhalten.
Verfall der Industriedenkmale in Zeitz fordert seinen Tribut
So ist mehr oder weniger überall im Stadtgebiet die Industriekultur mit ihren Baudenkmalen präsent. Sie hat das Gesicht des mitteldeutschen Industriezentrums Zeitz nachhaltig geformt. Allerdings muss um den Erhalt nicht weniger dieser Industriedenkmale in Zukunft noch gerungen werden, da der Verfall nach fast dreißig Jahren Leerstand seinen Tribut fordert.
Für Ruinen, wie das 1904 erbaute Kesselhaus des alten Elektrizitätswerkes in der Freiligrathstraße oder die ehemalige Bescherer’sche Fabrik am oberen Wendischen Berg, gibt es momentan noch keine Nutzungskonzepte.
Dabei fällt dem Erhalt letzteren Objekts mitsamt dem Maschinenhaus der einstigen Drahtseilbahn eine große städtebauliche Bedeutung für die Oberstadt zu, zumal die dort einst prägenden Industrie-Bauzeugen wie Elektrogerätewerk, Lackfabrik oder Piano-Union längst verschwunden sind. (mz)