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Zeitz Zeitz: Nächtliches Mehlgestöber

Von tobias heyner 07.02.2012, 17:33

theiSSen/MZ. - Die Nacht ist zum Schlafen da. Aber nicht für alle. Denn während die einen sich von ihrer Arbeit erholen, herrscht für andere Hochbetrieb. Journalistik-Studenten und freie Mitarbeiter haben sich für die Mitteldeutsche Zeitung an Orte begeben, an denen die Nacht zum Tag gemacht wird. Heute: Besuch in der Bäckerei Melzer Theißen.

Die Uhr schlägt gerade zwölf Mal. Draußen ist noch alles dunkel. In der Backstube von Bäcker Melzer in Theißen gehen gerade die Lichter an. Geselle Thomas Wagner (44) schaltet emsig die Öfen zum Vorheizen ein. Noch das alte Radio an, dann zieht er sich erst einmal seine Arbeitssachen an. Er greift sich eine Schüssel, öffnet die Mehlbeute (eine Werkbank mit Hohlraum), schöpft mehrmals Mehl heraus und schüttet es in die Knetmaschine. Wasser mit dazu, dann setzt er das Gerät in Betrieb. "Das muss jetzt circa acht Minuten kneten", erklärt Wagner. Die Zeit nutzt er, um weitere Vorbereitungen zu treffen und die Öfen zu kontrollieren. Die machen gemeinsam mit dem "Kneter" einen Höllenlärm. Dann ist der Teig fertig. Wagner wuchtet ihn auf eine Arbeitsfläche und beginnt Brötchen zu formen und Mohnzöpfe zu drehen. Schon stößt Bäckermeister Mirko Melzer dazu. Mit einem kräftigen "Moin" begrüßt der 43-Jährige seinen Gesellen. "Na, Thomas, wie sieht's aus?" "Alles klar Chef", antwortet Wagner.

Melzer hatte den Betrieb im Dezember 2005 von seinem Vater übernommen. Schon mit fünf Jahren wurde er das erste Mal mit in die Backstube genommen. Über die Jahre lernte er dann alles, was es über den Beruf zu wissen gibt. 2007 feierten die Melzers das hundertjährige Bestehen des Familienbetriebes. Geselle Thomas Wagner hatte schon 1982 als Lehrling hier gearbeitet. Zwischendurch war er bei einem anderen Bäcker tätig. Als der vor 16 Jahren schloss, kehrte er zu Familie Melzer zurück.

Meister und Geselle bestücken unterdessen Blech für Blech mit noch ungebackenen Brötchen. Alle kommen auf einen Rollwagen und dieser sogleich in einen Garraum. In ihm werden die 360 Brötchen für 20 Minuten mit heißer, feuchter Luft umströmt. Die Brote werden aus ihren verschieden großen Formen auf Bänder gekippt. Die vollen Bänder schieben beide in den vorderen Ofen und beim Herausziehen werden die Brote abgestreift und verbleiben im Ofen. 100 Stück haben darin Platz und müssen nun für eine Stunde bei 250 Grad backen. Die Backstube hat sich mittlerweile auf 30 Grad aufgeheizt, während draußen fast zehn Grad minus sind. Sie ist gefüllt mit Dampfschwaden und an den Wänden sammelt sich die Feuchtigkeit. "Die reinste Waschküche", ruft Melzer, dem die Schweißperlen schon auf der Stirn stehen.

Gegen drei Uhr kommen auch die ersten Brötchen in den hinteren Ofen. Mirkos Frau Kerstin Melzer (44) kommt dazu und gibt die vorgefertigten Pfannkuchen in das Fettbackgerät. "Mehl alle", ertönt des Meisters Stimme zwischen Ofenlärm und Radiomusik. Wagner verschwindet über eine Leiter in den darüberliegenden Trockenboden. Kurz darauf öffnet die Bäckersfrau die Schleuse zum Silo und das Mehl ergießt sich in die geöffnete Mehlbeute. Feiner Mehlstaub mischt sich mit dem Dampf in der Luft und die Sicht ist für kurze Zeit gleich null. Noch bevor sich der Staub gelegt hat wird die zweite Fuhre Brötchen aus dem Ofen geholt und in einer Ecke zum Auskühlen abgestellt. Schon klopft es an die Tür der Backstube und der erste hungrige Frühaufsteher holt sich ein paar frische Brötchen ab.

Kurz nach sechs Uhr sind die Autos beladen. Das Bäckerehepaar macht sich damit getrennt auf, die umliegenden Dörfer und Städte zu beliefern. Luckenau, Trebnitz, Hohenmölsen und Weißenfels sind nur ein paar Orte auf ihrer Route. Nicht nur Privatleute, auch Schulen und Vereine warten schon auf die duftenden Backwaren. Während die Melzers ausliefern, bestücken Mirkos Mutter Ute Melzer (67) und Thomas Wagner die Theke des Geschäfts, damit es pünktlich um 6.30 Uhr öffnen und Ute Melzer die schon wartenden Kunden mit Gebäck versorgen kann. Nach knapp sieben Stunden kommt endlich das Bäckerspaar wieder mit leeren Wagen zurück. "Ein kleiner Plausch an der Haustür, das gehört für mich einfach dazu", so Melzer. "Besonders unsere älteren Kunden freuen sich darüber und der einen Stunde mehr trauere ich nicht hinterher." Die Erschöpfung sieht man ihm allerdings an. Nur noch ein Käffchen und ein paar Stullen zum Mittag, duschen und dann legt sich der Bäckermeister schlafen, während andere Leute ihren täglichen Geschäften nachgehen.