Zeitz im Jahr 1947 Zeitz im Jahr 1947

Zeitz - Im Jahr 1947 wurde in Zeitz ein „unrundes“ Stadtjubiläum gefeiert. Wie es zu der Zeit in der Stadt aussah, zeigen erhalten gebliebene Filmaufnahmen: In einige der heimeligsten Ecken und Winkel der Zeitzer Altstadt hatte es Bruno Weißleder, Kameramann beim „Wochenschau-Augenzeugen“ der DEFA, verschlagen, als er im Mai 1947 zu Filmaufnahmen in der mitteldeutschen Industriestadt weilte.
Die im Bundesarchiv in Berlin erhaltenen Filmmeter, allerdings ohne Tonspur, geben Momentaufnahmen zwischen „Wochenbett“, „Klein-Venedig“ am Mühlgraben in der Badstubenvorstadt und Stiftsberg wieder.
Anlass für die Dreharbeiten war das 980-jährige Bestehen von Zeitz, das vom 11. bis 18. Mai 1947 feierlich begangen wurde.
Aber an ein aufsehenerregendes Treiben mit buntem Volksfestcharakter war zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges noch nicht ansatzweise zu denken.
Wenn auch das Leben allmählich wieder in gewohnten Bahnen zu laufen schien, waren die Spuren des mörderischen Krieges und seine Folgen noch allgegenwärtig.
Trotz der widrigen, von Entbehrung und Not geprägten Zeitumstände rückte die Stadtverwaltung die zurückliegenden 980 Jahre Zeitzer Stadtgeschichte in den Mittelpunkt und nahm sie zum Anlass für eine Kulturfestwoche, die ganz im Zeichen der Kultur stand.
Dabei war den Organisatoren durchaus bewusst, dass das „unrunde Jubiläum“ keine wirkliche Notwendigkeit einer Würdigung darstellte.
Aber worum ging es dem Rat der Stadt, insbesondere städtischem Volksbildungsamt und Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, mit dem Ausrichten einer solchen Festwoche eigentlich?
Im April 1947 beklagte das Volksbildungsamt in einer an den Rat der Stadt gerichteten Vorlage, dass „Sitte und Moral der Zeitzer Bevölkerung“ bereits „auf ein Mindestmaß herabgesunken“ seien.
Zugleich war „der Sinn für etwas heimatlich Schönes“ nur bei einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung ausgeprägt. Mit einer „kleinen Festwoche“ wollte das Volksbildungsamt als Veranstalter „auf die Schönheit unserer Heimat“ und damit „einen Grundstein legen zur Erkenntnis der Menschen“, die sich zum damaligen Zeitpunkt oftmals „nur willenlos ihren Gefühlen hingeben“.
Das vielfältige Repertoire an Kultur, die als Waffe gegen geistige und moralische Verwahrlosung dienen sollte, war breit angelegt und weit von Heimattümelei entfernt.
Jeder Tag der Festwoche, die ursprünglich im April stattfinden sollte, wurde ausgefüllt mit einem anspruchsvollen Programm. Veranstaltungsorte waren neben dem Theater in der August-Bebel-Straße das Gewerkschaftshaus am Bruno-Löffler-Platz, das Hotel am Rossmarkt, aber auch im „Haus der Jugend“ in der einstigen „Sophienhöhe“ oder im Museum wurde der Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart kulturell hergestellt.
Hinzu kam aus Anlass der Feierlichkeiten die Herausgabe der ersten heimatkundlichen Publikationen nach 1945. Heimatforscher Alfred Müller hatte Episoden aus der städtischen Vergangenheit in seinem Werk „Kulturbilder aus dem alten Zeitz“ aufgeschrieben und Dr. Adolf Schmiedecke in Berichtform eine mit Holzschnitten von Johannes Lebek versehene Chronik „über Zeitz und seine Entwicklung im Laufe von 980 Jahren“ verfasst, die besonders die „zwei Jahre Neuaufbau“ von 1945 bis 1947 im Zeichen des Aufbauwillens ausführlich beleuchtet.
Zur bleibenden Erinnerung gab der Rat der Stadt eine Festpostkarte heraus, die mit einer Zeichnung des Grafikkünstlers Karl Erich Merseburger, den spätgotischen Rathausgiebel zeigend, gestaltet worden war.
Federführend wirkte in der Veranstaltungswoche das 1945 neu gegründete Stadttheater. Mit einer Gemäldeausstellung Zeitzer Künstler im Foyer des Theaters unter dem programmatischen Titel „Unsere Heimat“ wurde die Festwoche am 11. Mai 1947 eröffnet.
Zu einem großen Erfolg mit ausverkauftem Haus und einer „Steigerung der Beifallsfreudigkeit“, und zwar „von Akt zu Akt“ wurde die Komische Oper „Die verkaufte Braut“ von Friedrich Smetana mit mehrmaligen Aufführungen unter der Spielleitung Friedewald Bergs.
Auch das Bühnenbild Hans Perthels fand in der Kritik Rudolf Winters, der bereits vor dem Zweiten Weltkrieg für die „Zeitzer Neueste Nachrichten“ regelmäßig Kulturbeiträge geschrieben hatte und nunmehr für die SED-Tageszeitung „Freiheit“ tätig war, großes Lob.
Das war aber längst noch nicht alles. Das Schauspiel „Der General“ von Horst Lommer feierte am Abend des 12. Mai 1947 im Zeitzer Stadttheater „Welturaufführung“.
Zum musikalischen Höhepunkt wurde das im Hotel am Rossmarkt ausgerichtete große Fest- und Orchesterkonzert am 16. Mai 1947, bei dem der Komponist Waldemar Wendland noch einmal am Dirigentenpult stand.
Zur „Morgenfeier“ mit der Schriftstellerin Vera Bern lud das Theater am 18. Mai 1947 ein. Die Schriftstellerin plauderte in spielerischer Darbietung über „Franz Liszt und die Frauen“ und stellte dabei ihren Einfluss auf das Schaffen des bedeutenden Komponisten heraus.
Begleitet wurde sie von Intendant Friedewald Berg als Franz Liszt und von Herbert Carl, der Liszts Meisterwerke am Flügel virtuos wiedergab.
Auf hohem Niveau wurde die Festwoche mit der Komödie „Wenn der Hahn kräht“ von August Hinrichs und der Oper „Der Troubadour“ von Giuseppe Verdi am 18. Mai 1947 im Theater Zeitz in der August-Bebel-Straße beschlossen. (mz)