Zankapfel in der Braustraße Zankapfel in der Braustraße: Streit um Wartehäuschen wird wohl erst vor Gericht enden

Zeitz - Sollte das Wartehäuschen an der Braustraße in Zeitz aufgestellt werden, wird die Entscheidung darüber, ob es dort stehen darf, vor Gericht fallen. Das ist die klare Aussage von Rolf Pauly.
Ihm gehören die Immobilien an der Straße, in denen sich das größte innerstädtische Hotel und im Erdgeschoss zwei Ladenflächen befinden. Vor das Schaufenster des einen Geschäfts soll das Wartehäuschen. Seit Wochen wird darüber gestritten.
Was sind dabei die wesentlichen Punkte? Die MZ hat den aktuellen Stand zusammengefasst.
Worum geht es bei dem Streit eigentlich?
Eine richtige Bushaltestelle an der Braustraße gegenüber der Michaeliskirche wird schon lange gefordert. Mit dem Ausbau der Busbucht an der Ecke zur Fischstraße soll es auch ein Wartehäuschen mit Bank geben. Das soll in einem Abstand von genau 1,50 Meter vor einem Schaufenster stehen.
Was ist die Sicht der Stadt auf die Dinge?
Klare Ansage: Hier muss den öffentlichen Interessen vor den Privatinteressen Vorrang gegeben werden. Der zukünftige Standort ist das Ergebnis einer bestmöglichen Abwägung von öffentlichen und privaten Interessen. Baurechtliche Vorschriften wurden eingehalten.
Das Häuschen hat einen Abstand von 1,50 bis zwei Meter zum Gebäude und besteht aus einer Überdachung und einer Rückwand aus Vollglas. Die Seiten sind offen. Es gibt keine optischen Barrieren.
Welche Meinung vertritt der Hausbesitzer?
Wenn das Buswartehäuschen da hinkommt, wird seine Mieterin ihr Geschäft nicht erweitern, sie überlege sogar, ganz auszuziehen. Mit Buswartehaus vorm Schaufenster hat er auch keine Hoffnung auf einen anderen Mieter. „In zehn Jahren“, überschlägt er, „wären das über 100.000 Euro Miese, wenn ich nur die Miete rechne, die mir dadurch entgehen.“ Für einen Zeitzer Unternehmer ein riesiger Schaden.
Wer ist für den Haltestellenbereich zuständig?
Die Landesstraßenbaubehörde ist für die Straße, weil offiziell noch Bundesstraße, zuständig. Der Fußweg liegt als Nebenanlage im Verantwortungsbereich der Stadt Zeitz. Das Problem mit der Aufstellung des Wartehäuschens ist nach Aussagen der Behörde ein städtisches Problem.
Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es?
Ein Buswartehäuschen muss mit „Mindestabstandsregeln“ aufgestellt werden: 1,50 Meter zum Bordstein plus 0,30 Meter zur Fahrbahn, für den Gehweg ist eine (absolute) Mindestgehwegbreite von 1,50 Meter einzuhalten, für einen eventuellen Radweg 1,60 Meter plus 30 Zentimeter Sicherheitsabstand, sagt die Bauordnung.
Das betrifft auch sogenannte überhängende und überstehende Teile. Die DIN-Norm 18040-3 zieht Pauly heran: Sie gibt im öffentlichen Verkehrsraum beim barrierefreien Bauen (Nullbarriere) einen Mindestplatzbedarf von Menschen in Rollstühlen - Breite zur Begegnung - von mindestens 1,80 Meter vor. Das gewerbliche Mietrecht sagt: Wird die Funktion der Schaufenster und Reklameschilder als Werbeträger beeinträchtigt, liegt ein Mangel am Mietobjekt vor - Mietminderung.
Wer hat entschieden, dass das Teil da stehen soll?
„Im Bauausschuss am 16. August 2017 wurde die Aufstellung eines Wartehäuschens diskutiert und die Verwaltung mit einer Prüfung beauftragt“, sagt die Pressesprecherin der Stadt, Susanne Janicke, „im Ergebnis hat das Ingenieurbüro unter Berücksichtigung der Vorschriften zum behindertengerechten Ausbau von Bushaltestellen dann diesen einzig möglichen Standort vorgeschlagen.“
Stadtrat Andreas Exler (FWZ) sagt: „Es war nie Diskussionsgrundlage, vor den Geschäften ein Wartehäuschen aufzustellen.“ Es sei richtig, dass die Mehrheit im Bauausschuss für einen Wetterschutz war. Es sei aber vor allem sehr großer Wert auf eine Sitzbank gelegt worden. „Ich denke, eine Wartehalle, wenn auch aus Glas, vor einem Schaufenster ist kontraproduktiv“, so Exler.
Wurde der Anlieger informiert?
Ja, rechtzeitig und ausreichend, sagt die Stadt: „Zu Baubeginn wurde Herr Pauly über die Baumaßnahme informiert. Es gab keine Bedenken oder Einsprüche seitens des Eigentümers ... ein Detailplan zum Haltestellenhäuschen mit Fundamentplan und Fotos wurde Herrn Pauly im Juni vorgestellt. Auch in diesem Termin äußerte sich der Eigentümer wohlwollend.“
Nein, weder noch, sagt der Eigentümer: „Das ist eine Lüge.“ Er habe es Anfang Juli durch Zufall erfahren und sofort einen Termin beim Oberbürgermeister gemacht.
Welche Probleme sind jetzt bereits abzusehen?
Unabhängig davon, wer einen eventuellen Rechtsstreit gewinnen wird: Es könnte eng werden, wenn der Unterstand erst einmal aufgestellt ist. Zwar sind die Minimalstabstände eingehalten, doch die Busfahrgäste haben Rollatoren, Einkaufstrollis und Taschen dabei. Wenn die vor den Sitzenden abgestellt werden, ist vor dem Wartehäuschen kein genügend breiter und ungefährlicher Durchgang mehr gegeben.
Blinde und Sehbehinderte mit Taststock würden, da es keine Seitenwände gibt, beim Wartehäuschen die Bank unterfahren und dagegenlaufen. Seitenwände sind aber wegen der nötigen Mindestabstände nicht möglich. Für große Elektrorollstühle wird es im Begegnungsverkehr eng.
Wie geht es jetzt mit der Haltestelle weiter?
Der Unterstand kommt. „Wir sollten uns im November vom Ergebnis positiv überraschen lassen, wenn die Bank geliefert ist“, sagt Oberbürgermeister Christian Thieme (CDU). Rolf Pauly wird dann klagen. (mz)