Wurstpakete wandern öfter in den Westen
Runthal/MZ. - Ein Duft von frisch geräuchertem Schinken, dampfender Wurstsuppe und köchelndem Blut liegt in der Luft. Wer könnte dieser Verführung widerstehen?
"Die Wurst schmeckt hier weit und breit am besten", lobt Helmut Bauer, der bepackt mit Fleischpaket, Gläsern und hausschlachtenen Würsten an der Theke steht. "In dieser Woche kam sogar ein Kunde aus Köln", weiß Verkäuferin Bärbel Brademann zu berichten. Jener war geschäftlich in Berlin, machte auf der Heimreise einen Umweg über Runthal, deckte sich und die Verwandtschaft mit einem Großeinkauf ein. Westpakete stehen bei Osterland auf der Tagesordnung. "Wir haben Stammkunden in Bayern und im Saarland, schicken hausgemachte Wurst nach Westberlin und Wurstgläser in den Schwarzwald", weiß Kurt Landgraf, Chef der Landwirtschafts GmbH Osterland, zu berichten. In der Fleischerei Runthal führt Fred Taubert das Zepter. "Schon als Fünfjähriger wollte ich unbedingt Fleischer werden", plaudert Taubert aus seinen Kindheitstagen. Sein Vater habe ihm diesen Berufswunsch quasi in die Wiege gelegt und ihn als Kind an den Wochenenden mit zum Schlachten genommen. In der Konsum-Fleischerei lernte er später sein Handwerk von der Pike auf, seit 2000 arbeitet der Meister bei Osterland. Der Umbau des ehemaligen Kuhstalls zu einer modernen Fleischerei mit neuester Produktionstechnik war 1996 das zweite Großprojekt bei den Bauern in Teuchern.
Konsequent wird so die Philosophie von der Direktvermarktung umgesetzt. 30 bis 35 Schweine aus eigener Züchtung und ein bis drei Bullen verarbeiten die Fleischer in einer Woche. Hier setzt man auf traditionelles Hausschlachten, auf alte Rezepturen und den absoluten Verzicht auf Konservierungsstoffe.
"Ein Großteil der Rezepte stammt noch von meinem Vater, der vor allem im Kreis Zeitz einen guten Ruf hatte", verrät Taubert weiter. Aus Unter- und Oberschale, also dem besten Fleisch aus der Keule, entsteht beispielsweise der traditionelle Bauernschinken, der durch das gute Fleisch besonders zart und mürbe ist. Schnitzel aus der Keule, Schweinebraten aus der Schulter, Krustenbraten oder Kochschinken - 90 Prozent der Produkte, die über den Ladentisch gehen, entstehen vor Ort in Runthal. Vor allem die Gewürze, das Herzhafte und Kräftige tragen den Markennamen Osterland weit über den Landkreis hinaus. In den Kochschinken beispielsweise wird eine Salzlösung eingespritzt, im Kochschrank gegart und mindestens zwei Tage lang gepökelt. Natürlich gibt es auch eine eigene Räucherei. Hausschlachtene Bratwurst verweilt gut und gerne drei Tage im Rauch. "Wir nehmen uns für vieles Zeit, brechen nichts übers Knie. Trotz moderner Technik versuchen wir traditionelle Produktionsverfahren beizubehalten", erklärt Taubert eine Besonderheit. Die Osterländer bewegen sich mit dieser Philosophie auf dem richtigen Weg. So erhielten sie drei Jahre lang hintereinander für ihre Wurst Goldmedaillen von der Centralen Marketing Agrargesellschaft (CMA) und damit nun das Goldene Siegel.
Ein junges Team arbeitet in Runthal hinter den Kulissen. "Als ich hier anfing, beschäftigten wir einen Gesellen, einen Fahrer und einen Lehrling. Heute arbeiten hier vier Gesellen, vier Lehrlinge und ein Fahrer", sagt Taubert stolz. Auf die Nachwuchsausbildung im eigenen Haus - in jedem Lehrjahr ein Auszubildender - ist er besonders stolz. "Nicht für jeden ist Fleischer ein Traumberuf. Doch nach kurzer Zeit merken die jungen Leute, dass jenes Handwerk vielseitig und interessant ist", geht Taubert für seinen Beruf auf.