Würchwitzer Milbenkäse Würchwitzer Milbenkäse: Das große Krabbeln

Würchwitz - Eine alte Schwengelpumpe ist der Blickfang auf dem Hof der Familie Geißler. Dahinter steht das Fachwerkhaus, welches schon die Urgroßeltern bewohnt haben. „Unsere Familie lebt bereits in der fünften Generation auf diesem schönen alten Bauernhof“, erzählt Siglinde Geißler.
Sie ist in Würchwitz aufgewachsen, lebt heute mit Tochter, Schwiegersohn und vier Enkelkindern hier. Da ist Sophie mit gerade mal sechs Monaten, ihre zweijährigen Zwillingsschwestern Sarah und Lara und der größere Bruder Vincent.
Herstellung läuft auf Hochtouren
Tradition wird großgeschrieben. So wird auf dem Geißler-Hof seit Jahren der Würchwitzer Milbenkäse hergestellt. Schon Mutter Lisbeth Brauer trug den Titel „Milbenkäsekönigin“. Jetzt tritt Siglinde Geißler in diese Fußstapfen und wurde von Helmut (Humus) Pöschel vom Kleefestverein kurzerhand zur Majestät ernannt.
Aus diesem Grund läuft die Herstellung von Milbenkäse jetzt auf Hochtouren. „Man nehme ganz normalen Quark, lässt die Molke ablaufen, würzt ihn mit Kümmel, Salz und geheimen Gewürzen aus dem Kleeland“, verrät Siglinde Geißler. Danach wird von Hand geformt.
Zwei Varianten stehen dabei zur Auswahl. Entweder so eine Form wie ein doppelter Finger, etwa vergleichbar mit dem Harzer Roller. Im Frühjahr werden kleine Kugeln geformt und mit einer frischen Holunderblüte versehen. „Das gibt einen unvergleichlichen besonderen Geschmack“, sagt Siglinde Geißler. Der Käse kommt dann in eine uralte Munitionskiste mit Hunderten von Milben.
Der Name Würchwitzer Kleeland geht auf Johann Christian Schubart (1734 bis 1787) zurück. Der in Zeitz geborene Landwirt reformierte den Kleeanbau in Deutschland und wurde 1784 zum Edlen vom Kleefelde geadelt. 1851 errichteten die Würchwitzer ihm zu Ehren ein Denkmal und feiern seitdem zur Kleeblüte im Juni das Kleefest. In diesem Jahr gibt es also die 165. Auflage. Los geht es am 12. Juni mit einem Konzert des Männergesangvereins Harmonie Kayna 1851, denn auch das Ensemble feiert 165. Geburtstag. Am 17. Juni folgt ab 20 Uhr ein Theaterspektakel an der Milbe (Denkmal von 2001). Am ersten Wochenende finden traditionell Reit- und Kegelturnier statt. Danach folgen Kinder- und Weinfest, eine Reiterparty. Am Dienstag gibt es den Seniorennachmittag in Lobas, am Mittwoch (22. Juni) ein Filmabend mit der Würchwitzer Olsenbande. Donnerstag findet das Bauernforum statt, Freitag das Badewannenrennen, Sonnabend die Mühlengespräche in Suxdorf und Sonntag der Milbenkäsefrühschoppen. (yve)
Rezept von der Mutter übernommen
Die kleinen Spinnentiere werden zusätzlich einmal die Woche mit frischem Roggenvollkornmehl gefüttert, die Tierchen fermentieren den berühmten Würchwitzer Milbenkäse. Etwa zwei Monate reift der Käse. Wird er in der warmen Jahreszeit in der Sonne an der frischen Luft getrocknet, geht es schneller, im Winter kann der Reifeprozess auch mal drei Monate dauern. „Am besten isst man den Käse auf einer frischen Scheibe Bäckerbrot dick mit Butter bestrichen“, rät Siglinde Geißler.
Die Milbenzucht und die Rezeptur hat sie natürlich von ihrer Mutter übernommen. „Bis vor etwa fünf Jahren hat meine Mutter noch selber geklitscht, so sagen wir zum Milbenkäsemachen. Leider ist meine Mutter inzwischen verstorben, und so führe ich die Tradition fort“, erzählt die gelernte Handelskauffrau. Natürlich ist das nur ein Hobby, leben könne man davon nicht.
Zum Kleefest im Juni kommen viele Gäste nach Würchwitz, erst recht zum Jubiläum in diesem Jahr. Da ist der Milbenkäse ein Muss, es gibt sogar einen Milbenkäsefrühschoppen. (mz)
