Wirtschaft Wirtschaft: Mit Zeitzer Hilfe dem Urknall auf der Spur
Zeitz/MZ. - Im Europäischen Kernforschungszentrum (Cern) in Genf (Schweiz) arbeiten Wissenschaftler an einem gigantischen Projekt. Etwa 100 Meter unter der Erde entsteht in einem riesigen Tunnel ein Magnetkreis mit einem Durchmesser von rund 15 Kilometern. In Röhren, im Inneren der Magnete, sollen Teilchen beschleunigt werden und mit nahezu Lichtgeschwindigkeit aufeinander prallen. Forscher aus aller Herren Ländern wollen so der Antwort auf die Frage wie Materie einst entstand näherkommen. So unvorstellbar es klingt: Es geht darum, den Urknall von vor 15 Milliarden Jahren nachzuvollziehen. "Wie entstand die Erde?" heißt die zentrale Frage.
Bei der Suche nach der Antwort kommt Hilfe aus der Elsterregion, aus einer rund 5 000 Quadratmeter großen Halle, die vor etwa zwölf Jahren für die Zemag gebaut wurde, nie in Betrieb ging und über Jahre leer stand. Dort setzt die Firma Babcock Noell Magnettechnik GmbH einen Teil der Hochleistungsmagneten zusammen, die später im Cern in das Forschungsprojekt integriert werden. Wie Edwin Knoke, Leiter der Babcock-Produktion in Zeitz, erläuterte, werden dafür rund 1 380 Magnete benötigt. Jeder davon besitzt eine Länge von 15 Metern und ein Gewicht von etwa 30 Tonnen. Knapp ein Drittel der benötigten Magnete soll in den nächsten Jahren in Zeitz zusammengebaut werden und von hier aus die Reise in die Schweiz antreten. Geplant ist, in der Elsterstadt pro Woche im Zwei-Schicht-System zweieinhalb Magnete zu bauen. Bei der Montage, so Knoke, kommt es aufs Zehntelmillimeter an. Bei der Fertigung werden die Riesenmagnete in einem Arbeitsgang um neun Millimeter gekrümmt und die Ummantelung vollautomatisch verschweißt.
Gegenwärtig beschäftigt Babcock in Zeitz rund 20 Mitarbeiter. Sie sind nach den Worten Knokes mit der Ausrüstung der Fertigungsstätte und der Produktion der Vorserie von 30 Magneten beschäftigt. Bis zum Ende des kommenden Jahres steigt die Mitarbeiterzahl in der Fertigungsstätte am Rande der Naumburger Straße auf 50 an. Gefragt, so Knoke, sind vor allem Werkzeugmacher, Vorrichtungsbauer, Elektriker und Schweißer. Über ausbleibende Bewerbungen brauche er sich nicht zu beklagen. Schon jetzt stapelt sich das Papier. Auffällig sei, dass unter den Bewerbern auch viele Männer zu finden sind, die einen Job im Westen Deutschlands ausüben, aber wieder in ihre Heimat möchten.
Dass sich Babcock in der Stadt an der Weißen Elster niederließ, sei auch ein wenig dem Zufall zu verdanken, ließ der Produktionsleiter wissen. Die Firma suchte nach einer neuen Fertigungsstätte. Knoke war davon überzeugt, im Osten eine gute Infrastruktur zu finden. Und plötzlich habe er vor der leeren Zemag-Halle gestanden. Schon das Äußere des Bauwerks habe sein Interesse geweckt. Als er im Inneren feststellte, dass den Anforderungen entsprechend Hallenkräne vorhanden waren, war die Entscheidung für Zeitz schnell gefallen. Für den Standort, so Knoke, sprachen auch die gute Verkehrsanbindung zur Autobahn, die Fördermöglichkeiten durch das Land und das Potential an Fachkräften in der Region. Die Treuhandliegenschaftsgesellschaft und der neue Mieter investierten rund zwei Millionen Mark in die Sanierung Halle.
Doch nicht nur für das Cern entstehen Magnete. Gebaut werden außerdem unebene Modulfeldspulen für das Kernfusionsexperiment Wendelstein 7-X in Greifswald. 50 solcher Magnete sollen bis etwa 2006 an der Weißen Elster gebaut werden. Ziel der Firma ist es, auch nach Abschluss der Projekte in der Elsterregion zu bleiben.