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Volkshochschule in Zeitz Volkshochschule in Zeitz: Eine Schülerin gibt Unterricht

Von Julia Reinard 25.03.2014, 13:48
Patrycja Smigielska schreibt die Vokabeln für „Guten Tag!“ - „Dzien dobre“ - an die Tafel.
Patrycja Smigielska schreibt die Vokabeln für „Guten Tag!“ - „Dzien dobre“ - an die Tafel. Hartmut Krimmer Lizenz

Zeitz/MZ - Welche Karriere: Im gleichen Raum, in dem Patrycja Smigielska vor gut drei Jahren die Schulbank drückte, um Deutsch zu lernen, ist sie nun Lehrerin für erwachsene Schüler. Die 17-Jährige gibt einen Polnisch-Kurs an der Zeitzer Volkshochschule. Ihre Schüler sind allesamt älter als sie, aber mit dem Unterricht nicht unzufrieden.

„Sie erklärt es gut, aber die Sprache ist nicht einfach zu erklären“, schätzt Antje Hering ein. Sie besucht den wöchentlichen Sprachkurs sowohl für die Arbeit als auch aus privaten Gründen. Neben ihr sitzt Ehepaar Elke Biefang und Kalvis Ruza. Sie waren schon öfter in Polen und wollen im Sommer wieder ins Nachbarland reisen - und da soll es mit der Verständigung besser klappen, deshalb besuchen sie den Kurs, von dem Ehemann Ruza sagt: „Es funktioniert gut.“

Das ist für Lehrer ja das beste Lob, wenn die Schüler sagen, das Konzept funktioniere. Patrycja Smigielska bereitet sich aber auch immer gewissenhaft auf ihren Kurs vor. So hat sie Kopien mitgebracht und sich ein Konzept für die eineinhalb Unterrichtsstunden überlegt.

Wie kam sie überhaupt zu dem Kurs? Die Freundin ihrer Mutter - ebenfalls eine Polin - hatte den Kurs ursprünglich geben wollen, dann aber eine andere Arbeit angenommen. Und so fragte sie die 17-jährige Schülerin der Sekundarschule II - und die sagte zu. Wie man unterrichtet, dafür hat sie sich im Internet Tipps angelesen. Und sie freut sich, hier Polnisch zu vermitteln: „Es ist schön, in Deutschland meine Muttersprache zu unterrichten.“

Ankunft ohne Deutschkenntnisse

Das ist vielleicht noch kurioser als die Tatsache, als Schülerin zugleich Lehrerin zu sein, dass Patrycja Smigielska erst vor vier Jahren nach Deutschland kam. Drei Monate lang besuchte sie nach ihrer Ankunft die Schule, aber diese Zeit sei „schrecklich“ gewesen. „Ich konnte nicht ein Wort, außer ’Hallo’ und ’Tschüss’ und auf Fragen konnte ich nicht antworten.“

Deshalb besuchte sie einen Integrationskurs, der ein halbes Jahr lang ging. Er fand an der VHS statt, genau in dem Raum, in dem sie jetzt ihren Schülern „Dzien dobry!“ - „Guten Tag!“ bei bringt.

Erst eine Ausbildung, dann Abitur

Als sie ihn beendet hatte, kam sie in die achte Klasse, die wollte sie bewusst noch mal komplett besuchen, um die deutsche Sprache zu verbessern. Ab dem Moment, sagt sie, sei sie glücklich gewesen - mit der Begründung, „weil ich die Sprache konnte, die anderen verstehe und sie mich verstehen.“

In kurzer Zeit sei sie gut geworden, mittlerweile die Zweitbeste in ihrer Klasse. Einen Ausbildungsplatz hat sie auch schon. Sie will Gesundheits- und Krankenpflegerin werden, „um erst mal Geld zu verdienen“. Danach wolle sie das Abitur nachholen und studieren.

Mit ihr sprechend, kann man kaum glauben, dass sie erst so kurze Zeit in Deutschland ist und zuvor kein Wort Deutsch konnte. Denn jetzt erklärt sie Inhalte und polnische Wörter auf Deutsch. Sie unterrichtet akkurat und mit Humor. Und schafft das neben der Endphase ihrer Schulzeit. - Wenn sie all das hinbekommen hat, gelingt ihr sicherlich auch jedes andere Vorhaben.

Mit Buch, Tafel und Kopien: Die 17-jährige Patrycja Smigielska lehrt an der Volkshochschule Polnisch.
Mit Buch, Tafel und Kopien: Die 17-jährige Patrycja Smigielska lehrt an der Volkshochschule Polnisch.
Hartmut Krimmer Lizenz