Unglaubliche Leistung Unglaubliche Leistung: Zeitzer holt WM-Gold mit transplantiertem Herzen

Zeitz - Auf den letzten 15 Metern des Sprints machte der Muskel im Bein von Dieter Pörschmann zu. „Ich habe die Ziellinie gesehen und dachte nur, dass ich das jetzt schaffen muss“, berichtet der zweifach Herztransplantierte Sportler aus Zeitz.
Dieter Pörschmann aus Zeitz ist zweifach herztransplantiert. 1999 bekam er zum ersten Mal ein neues Herz, dieses wurde 2005 vom Körper abgestoßen. Es war zu schwach.
Pörschmann wurde daraufhin erneut auf eine Spenderliste gesetzt. Schließlich bekam er zum zweiten Mal ein fremdes Organ transplantiert, doch diesmal dauerte die Genesung viel länger. Ein halbes Jahr lag Pörschmann im Krankenhaus, nur langsam kam er physisch und psychisch wieder zu Kräften.
Früher war er Leichtathlet und hat Fußball gespielt, Rad fuhr er nur sporadisch. Dass es richtige Wettkämpfe und sogar Welt- und Europameisterschaften für Transplantierte gibt, war Dieter Pörschmann damals nicht bekannt.
Im Internet habe er sich schließlich über Sport für Transplantierte informiert und stieß dabei auf den Leipziger Verein für Herz-Lungen-Transplantationen. Seit 2011 nimmt der 60-Jährige an nationalen und internationalen Wettkämpfen für Transplantierte teil.
Und er schaffte es. Normalerweise ist ja der Radsport seine Paradedisziplin, doch seine erste Goldmedaille bei einer Weltmeisterschaft der Transplantierten holte der 60-Jährige in der Leichtathletik, im Sprint über 100 Meter der Altersklasse 60. Eine Medaille, mit der Pörschmann wenige Tage vor dem Start seiner dritten Weltspiele im spanischen Malaga Ende Juni nicht mehr gerechnet hätte.
Schwerer Unfall: Hinter Dieter Pörschmann aus Zeitz liegt kein einfaches Jahr
Denn hinter Dieter Pörschmann liegt kein einfaches Jahr. Angefangen hat alles am 10. April bei einer Trainingsfahrt mit dem Zeitzer Radsportteam Killerwade. Bei einer Kollision mit einem fremden Mountainbikefahrer knallte Pörschmann vor eine Laterne und verletzte sich dabei schwer. Die Diagnose im Krankenhaus lautete: Bruch der Rippen und des Schlüsselbeins.
„Im ersten Moment habe ich gedacht, dass es das war mit der WM“, sagt Pörschmann.
Eine Woche habe er gebraucht, um diesen Schock zu verdauen, doch dann fasste der Radsportler und Leichtathlet neuen Mut und setzte seine WM-Vorbereitung trotz starker Schmerzen fort. „Ich wollte aber nichts riskieren und bin es deshalb langsam angegangen. Quasi Schritt für Schritt.“
Dieter Pörschmann aus Zeitz: Einige Rückschläge vor der WM in Malaga
Doch eine optimale Vorbereitung auf den sportlichen Höhepunkt des Jahres war aufgrund der Umstände unmöglich. Wenige Tage vor der Abreise nach Malaga folgte der nächste Rückschlag. Bei einer Trainingsfahrt im Ort passte der Zeitzer kurz nicht auf und stürzte erneut mit dem Rad auf die Schulter, jedoch nicht auf die gleiche wie im April. „Da habe ich gesagt, jetzt ist Schluss. Ich hatte mich gerade wieder einigermaßen auf mein altes Niveau hochgearbeitet und dann passierte mir so ein Konzentrationsfehler“, ärgert sich Pörschmann, dessen Traum von einer WM-Goldmedaille dadurch wieder in weite Ferne gerückt war.
Zumal sich seine persönliche Pechsträhne wieder fortsetzte. Schon bei den vergangenen Weltmeisterschaften in Südafrika und Argentinien ging der Zeitzer angeschlagen in die Wettkämpfe. „Ich habe mich dann trotzdem überwunden und den Antrieb entwickelt, an der WM teilzunehmen. Denn man weiß nie, ob es nicht die letzte sein könnte“, sagt Dieter Pörschmann.
Dieter Pörschmann aus Zeitz nahm den Kampf an
Und so nahm er den Kampf an, zunächst bei den beiden Radrennen. Doch beim Zeitfahren lief wieder mal alles gegen Pörschmann, der erst kurz vor seiner Startzeit an der Strecke ankam und sich so überhaupt nicht warmfahren konnte. „Ich bin vom Bus aufs Rad und nach 300 Metern war die Luft weg“, berichtet Pörschmann, der letztlich dennoch auf einem respektablen fünften Platz einkehrte. Gleiches Ergebnis erzielte er im Radrennen über 30 Kilometer.
Doch bei der Leichtathletik wendete sich das Blatt. Pörschmann verzichtete dabei auf eine Teilnahme am Finale des 400-Meter-Rennens, für das er sich eigentlich qualifiziert hatte. „Ich wollte Kräfte sparen für den Sprint“, erzählt Pörschmann und diese Taktik ging letztlich auf. Überglücklich sei er gewesen, nachdem er als Erster die Ziellinie überquerte. „Eine bessere Entlohnung hätte ich mit dem WM-Titel nicht bekommen können. Dieser entschädigt alle Mühen, die ich in den letzten Jahren auf mich genommen habe“, sagt der Weltmeister voller Stolz.
An die Schmerzen habe er während des Rennens gar nicht gedacht. Voll und ganz sei er auf den Wettkampf fixiert gewesen. „Ich war im Tunnel und habe alles um mich herum ausgeblendet“, erklärt Dieter Pörschmann. Für zusätzliche Motivation sorgte auch die Unterstützung der deutschen Delegation auf der Tribüne, die Pörschmann mit Sprechhören anfeuerte. (mz)