Teure Rohstoffe Teure Rohstoffe: Warum die Kugel Eis in Zeitz trotzdem kostengünstig bleibt

Zeitz - Eine Kugel Eis gehört für die meisten Menschen fest zu einem perfekten Sommerwochenende. Die Eisdielen in Zeitz und Umgebung machen in der warmen Jahreszeit deshalb auch den größten Teil ihres Umsatzes, wie eine MZ-Umfrage ergab. Doch für die Ladenbetreiber wird die beliebte Leckerei nach eigenem Bekunden immer unrentabler.
Die Ursache ist vielfältig: Der Mindestlohn erhöht die Personalkosten, die EEG-Umlage macht den Strom teurer, und nicht zuletzt die Preise für Rohstoffe, wie Vanilleschoten, Haselnüsse oder Pistazien sind gestiegen. Bei den Zutaten Abstriche zu machen, ist für Holger Härlein aber keine Option. „Wir leben von unseren Stammgästen und unserem guten Ruf. Die Qualität und der Preis entscheiden. In Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern hat man soviel Laufkundschaft, dass man alles verkaufen kann.“
Eis-Verkäufer: „Wir können in Zeitz nicht höher gehen. Die Kaufkraft ist hier einfach nicht da.“
Die Preise für sein handwerklich hergestelltes Eis hat der Inhaber, der sein gleichnamiges Café seit 20 Jahren am Altmarkt der Elsterstadt betreibt, vor der Hauptsaison deshalb um zehn auf 90 Cent je Kugel erhöht. Gleichzeitig weiß Härlein: „Wir können in Zeitz nicht höher gehen. Die Kaufkraft ist hier einfach nicht da.“ Die Kosten für Zutaten und Investitionen seien allerdings die gleichen wie in Großstädten, wo Eisdielen teils das Doppelte und Dreifache verlangen, ärgert sich Härlein. Ein Kilogramm Vanilleschoten könne bis zu 600 Euro verschlingen.
Den Preis erhöht hat auch die Eisdiele Dary an der Wendischen Straße – erstmals nach sieben Jahren, wie Sylvia Molnar berichtet. „Wir können nicht anders, wegen gestiegener Kosten“, so die Eisverkäuferin. Hier kostet die Kugel seit dem Ende der Winterpause im Februar einen Euro – teils aus eigener Herstellung, teils angeliefert. Und auch das Softeis aus der Maschine ist bei Kunden beliebt - hier ist die Menge je Portion höher und deshalb auch der Preis: 1,20 Euro.
70 Cent bis 1,70 Euro ist die für Deutschland typische Preisspanne für Speiseeis
Damit liegt die Elsterstadt im bundesweiten Durchschnitt im unteren Bereich, wie Annalisa Carnio auf Nachfrage berichtet. Die Pressesprecherin von Uniteis, dem deutschen Dachverband der Hersteller italienischen Speiseeises, nennt 70 Cent bis 1,70 Euro als die für Deutschland typische Preisspanne. Das Preis-Leistungs-Verhältnis sei an der Theke häufig deutlich besser als bei Industrieeis aus der Tiefkühltruhe, argumentiert die Verbandssprecherin.
Die Hersteller handwerklichen Speiseeises feiern heute den Europa-Tag der beliebten Süßigkeit. Den gibt es seit 2013. Jedes Jahr wird deshalb eine landestypische Geschmacksrichtung vorgestellt: In diesem Jahr ist es das französische „Framboise Melba“ – ein Himbeersorbet mit Pfirsich.
Der Großteil der Kosten bei der handwerklichen Herstellung von Speiseeis entsteht nach Auskunft des Dachverbandes Uniteis durch die Stromkosten. Eine Eisdiele mit frischer Eigenherstellung braucht demnach ein entsprechendes Eislabor, in dem die Maschinen rund um die Uhr arbeiten. Hinzu kommt die Kühlung frischer Zutaten wie Obst und Milchprodukte und letztlich muss auch die Verkaufstheke permanent gekühlt werden. Holger Härlein hat nach eigenem Bekunden rund 30.000 Euro in seine Eisherstellung investiert.
Ein entscheidender Unterschied zwischen Eisdiele und dem Tiefkühleis aus dem Supermarkt ist auch der Luftgehalt. 60 Prozent Luft und mehr seien keine Seltenheit, so Uniteis-Sprecherin Annalisa Carnio. Ein Liter Eis – die übliche Mengenangabe – wiege dann weniger als ein halbes Kilo. Bei italienischem Gelato liege der Anteil bei etwa einem Drittel. Hinzu kommt: Eiscreme ist in Deutschland an der Theke vergleichsweise billig. In Südeuropa koste die Kugel bis zu drei Euro. (smu)
Die Kugel wiegt im Schnitt zwischen 85 und 110 Gramm. Ein Eis am Stiel kommt häufig nur auf 60 Gramm, bei oft deutlich höheren Preisen. „Und trotzdem beschwert sich niemand über den Preis von Industrieeis“, so Carnio.
Eiscafé Millenium am Zeitzer Neumarkt: „Eigentlich müssten wir erhöhen, aber wir trauen uns nicht.“
Bärbel Käding zögert noch bei der Erhöhung ihrer Preise. Mit ihrem Ehemann Knut betreibt sie seit 25 Jahren das Eiscafé Millenium am Zeitzer Neumarkt. Hier kostet die Kugel 70 Cent – es stammt von einem Lieferanten für italienisches Speiseeis. Lohnt sich das? „Wir machen viel selbst, um die Lohnkosten niedrig zu halten“, so die 60-Jährige.
Bärbel Käding sagt aber auch: „Eigentlich müssten wir erhöhen, aber wir trauen uns nicht.“ Denn auf den Neumarkt verirren sich nach Erfahrung der Cafébetreiberin nur wenige Innenstadtbesucher. Auch die Kädings leben von Stammkunden. Und die reagieren empfindlich auf Preiserhöhungen. (mz)