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"Strick und Chic" in Zeitz "Strick und Chic" in Zeitz: Keine Lust auf Ruhe

Von Torsten Gerbank 18.12.2015, 10:54
Ursula Hoppe in ihrem Element: Bei Handarbeiten mit Wolle und Nadeln kann sie ihre Kreativität ausleben.
Ursula Hoppe in ihrem Element: Bei Handarbeiten mit Wolle und Nadeln kann sie ihre Kreativität ausleben. Hartmut Krimmer Lizenz

Zeitz - Ursula Hoppe kann’s nicht lassen. Sie ist 75 Jahre, Unternehmerin und steht nach wie vor täglich in ihrem Geschäft auf dem Neumarkt. Seit fast auf den Tag genau 25 Jahren führt die Zeitzerin ihre Handarbeitsboutique „Strick und Chic“, sie verkauft, berät, strickt, stickt und häkelt - und sie gibt ihr Wissen und Können seit Jahren in verschiedenen Handarbeitskursen an Frauen, manchmal auch an Männer weiter. Und all das wolle sie auch noch tun, so lange sie dazu gesundheitlich in der Lage ist. Denn: „Ich bin noch nicht bereit, einfach nur zu Hause auf der Couch zu sitzen“, sagt Hoppe. Außerdem habe sie ein gutes Umfeld. „Das Team im Laden stimmt“, sagt Hoppe, „und ich habe angenehme Gruppen.“

Handarbeit zieht sich praktisch durch das ganze Leben von Ursula Hoppe. Mit drei Jahren, erinnert sie sich, sei sie von einer Patentante auf die Ofenbank gesetzt worden mit den Worten: „Jetzt sticken wir.“ Ursula Hoppe tut es immer noch mit Leidenschaft. Die Finger seien auch mit 75 Jahren noch flink und beweglich. Was nicht rastet, das nicht „rostet“ scheint hier die Maxime. Und was für die Hände gilt, das gelte auch für den Kopf. Denn die Arbeit halte Ursula Hoppe geistig fit und jung.

Sie kennt sich beispielsweise mit jugendlich modernen Mützen aus wie kaum ein anderer. Und spricht über Beanie-Mützen, Myboshi-Mützen oder über Amigurumis (gehäkelte tierische Anhänger) wie Otto Normalverbraucher über Brot und Brötchen. Beanie-Mützen werden zum Beispiel in der Skateboard- oder Snowboardszene getragen und fallen am Kopf seitlich oder nach hinten in Falten herunter. Und hinter Boshis verbergen sich selbst gehäkelte Mützen, deren Farbgestaltung keine Grenzen kennt.

Eigentlich Krankenschwester

Gelernt hat Ursula Hoppe eigentlich Krankenschwester. Allerdings gab sie diesen Beruf bereits Anfang der 1960er Jahre auf. „Wegen der Kinder“, erinnert sie sich. Schon zu DDR-Zeit führte sie eine Strickboutique. Die gab sie 1989 auf, tourte dann eine Zeit lang über Märkte und eröffnete später ein neues Geschäft in der Zeitzer Donaliesstraße. Aufgrund von Straßenbauarbeiten und damit verbundenen Sperrungen zog sie darauf in die Zeitzer Innenstadt, zum Neumarkt. Selbst da musste sie noch einmal die Räume wechseln, Bauarbeiten auf dem Markt überstehen.

Allen Widrigkeiten zum Trotz - das Geschäft von Ursula Hoppe hat überlebt. Dass sie das geschafft hat, begründet Ursula Hoppe mit ihrem Optimismus, den sie sich immer bewahrt habe. „Und ich habe mein Angebot der Nachfrage angepasst“, sagt sie. So musste die Anfangs angebotene Trachtenmode aus dem Laden weichen, gibt es jetzt unter anderem Schuhe, speziell für Kunden mit Fersensporn, Hammerzehen oder Diabetes und es gibt Unterwäsche. In der Regel ist Ursula Hoppe morgens gegen 6.30 Uhr in ihrem Geschäft. Und sie verlässt es am Abend kurz vor acht Uhr. „Ich will pünktlich zu den 20-Uhr-Nachrichten zu Hause sein“, sagt die Geschäftsfrau, die gerne noch das Klöppeln und die sogenannte Schiffchentechnik lehren würde. Doch das sei leider zu aufwendig und bleibe ein Traum.

Apropos Traum: Da gibt es noch einen. Nämlich den, dass sich vielleicht doch noch jemanden findet, der in ihre Fußstapfen tritt. Denn auch wenn sie noch weiterhin ihren Laden führen möchte, weiß sie doch genau, dass der Tag kommen wird, an dem das nicht mehr geht. Und einen Nachfolger gibt es noch nicht. Das, so glaubt Ursula Hoppe, liege auch daran, dass es eben nicht einfach sei, das Geschäft am Leben zu erhalten. Und reich werden davon, nein, das könne man nicht. (mz)

Selbst hergestellte Weihnachtsdekoration
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Hartmut Krimmer Lizenz