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Schafe legen Wintermantel aus dichter Naturwolle ab

Von MARIA BARSI 28.04.2010, 17:44

SPORA/MZ. - Showtime in Willy und Uwe Wählers Stall am Rande von Spora: die Schafe werden geschoren. 700 Mutterschafe werden in drei Tagen von Helfer Roy angehoben und auf den Hintern gesetzt, bevor Tilo Koepke und Uwe Liebold sich die 70-Kilo-Pakete unter den Arm klemmen und die elektrische Handschermaschine zücken.

So richtig begeistert scheinen die Tiere nicht von dieser Prozedur, doch geht es erstaunlich ruhig zu. Und enorm flink. "Das liegt an der Musik. Egal welche, nur nicht so laut", sagt Liebold und grinst, während ihm der Schweiß übers Gesicht läuft. Schafe scheren ist eine schwere Arbeit. Das mit der Musik ist kein Witz. Die Schafe mögen das, erklärt Uwe Wähler. Ihm und Vater Willy gehören die Tiere, dazu 500 Lämmer und 300 weitere Schafe auf der Weide. Beide sind sie gelernte Schäfer wie Koepke und Liebold, die seit langem hauptberuflichen Schafscherer. Es gäbe ja kaum noch Schäfereien. 38 waren es allein im Altkreis Zeitz, nun ist es nur noch diese in Spora und eine in Droßdorf, so Tilo Koepke und lässt das schlanke, fast weiße Tier wieder zur Herde, das wenige Minuten zuvor noch eine schmutzig graue Kugel auf vier Beinen war.

"Mit dieser Truppe haben wir Ruhe im Stall. Wenn nämlich die Scherer nervös sind, dann sind es die Schafe auch", so Wähler, der mit auf dem Sprung ist zu helfen, wenn ein Schaf doch nicht so will, wie es soll. Bis vor zehn Jahren hätten sie mit Helfern alle Schafe selbst geschoren, erzählt seine Frau Sylvia, aber die Schäferei bringe auch so schon genug schwere Arbeit. Und die Wolle sei ja sowieso ein einziges Ärgernis, weil sie nicht mal die Kosten für die Scherer einbringe. Dabei sei doch Schafwolle ein nachwachsender Rohstoff, der allerdings von der EU als solcher nicht anerkannt wird.

Sylvia Wähler ist die Finanzfrau in der Schäferfamilie, zu der auch Willys Frau Heidi gehört, mit der er seit 47 Jahren verheiratet ist. Kennengelernt hat er sie beim Tanz in Elstertrebnitz, wie sein Sohn seine Sylvia beim Tanz im Rosengarten Oelsen. Da hatte der schlanke, dunkeläugige Uwe ihr allerdings nicht gesteckt, dass er beim Vater Schäfer gelernt hatte und nichts anderes als Schäfer sein wollte. Die Meuselwitzerin trug es mit Fassung, denn sie mochte die Tiere. Dass sie nach der Wende eine Umschulung zur Industriekauffrau bekam, war ein Glücksfall. Auch wenn der Tag manchmal nicht ausreiche. Denn es seien gar nicht die Schafe, mit denen das Geld verdient wird, sondern die Beihilfen. Für die müsse man komplizierte Anträge stellen. Jedes Jahr andere und für jedes der tausend Schafe extra. Programme, die allesamt an der Praxis vorbeigehen, meint sie. "Ich bin aber mit vielem versöhnt, wenn ich in den Stall komme und sehe meine Lämmer", sagt sie und ihre blauen Augen leuchten. Dreißig zieht sie mit der Flasche groß.