Pferdesport in Zeitz Pferdesport: Die Reitlehrerin Doris Campo sitzt im Rollstuhl

Zeitz - Eigentlich wollte Julia Popp aus Wetterzeube ihre portugiesische Stute Yvette an jenem Trainingstag selber reiten, um von Doris Campo wertvolle Tipps zu bekommen. Doch als Campo, die Trainerin, zunächst selbst im Sattel des Pferdes Platz genommen hatte, verzichtete die Freizeitreiterin Julia Popp.
Sie ließ Campo auf dem Rücken des Pferdes. Und das aus gutem Grund. Wenn die 52-Jährige aus Wiesbaden reitet, dann ist das sozusagen Wellness fürs Pferd. Popp sagt: „Es sieht aus, als ob das Pferd tanzt.“
Campo achtet in besonderem Maße auf die Balance zwischen Reiter und Tier, darauf, dass das Gerittenwerden dem Pferd guttut, dass bei der Bewegung Schlacken aus der Muskulatur abtransportiert, dass Blockaden gelöst werden, die Haltung stimmt. Ihr sei es wichtig, nicht nur die Leistungsfähigkeit des Tiers zu erhalten und zu erhöhen, sondern auch dessen Gesundheit zu fördern.
Ein besonderes Gespür
Dafür hat Campo, die seit Jahresbeginn beim Reit- und Fahrverein Zeitz an zwei Wochenenden im Monat unterrichtet, ein besonderes Gespür. Doris Campo sitzt seit gut 30 Jahren im Rollstuhl. Sie leidet am Ehlers-Danlos-Syndrom. Das bedeutet, dass ihre Gelenke überbeweglich sind. Inzwischen könne sie aber sogar ein bisschen aufstehen und auch ein paar Schritte laufen, aber nicht mit Schuhen, nur barfuß oder in Socken, sagt Campo.
20 Jahre lang habe sie allerdings fest im Rollstuhl gesessen. „Aber ich habe nie aufgehört zu üben, mich hochzuziehen, dann doch zu stehen.“ Im Laufe der Zeit habe sie sich auch beim Reiten ein Muskelkorsett erarbeitet, das hilft, die zu losen Gelenke zu stabilisieren.
Bereits zuvor habe sie sich mehr und mehr „aus der ärztlichen Ratgebung herausgenommen, da ich merkte, dass mich das nicht in die richtige Richtung bringt“, sagt Campo. „Ich habe auf meinen Körper selber gehört.“ Und so bewegt sie auch in Zeitz ihren Rollstuhl über den Reitplatz, steigt hinauf, um sich dann in den Sattel zu ziehen.
Reiten seit sie vier Jahre ist
Doris Campo, die seit ihrem vierten Lebensjahr reitet, ist längst davon überzeugt, dass ihre Schwäche ihre Stärke ist. Sie weiß, dass ihr ihre Krankheit, die Sensibilität, die sie für ihren Körper entwickelt hat, dabei hilft, ihren Beruf erfolgreich auszuüben. Das habe sie natürlich als 16-jähriges Mädchen anders gesehen. Zwei Jahre zuvor war nach einem Sportunfall die Krankheit bei ihr festgestellt worden.
Plötzlich war ihr Sport verboten, sie durfte nicht mehr turnen und es war Schluss mit klassischem Ballett. „Ich habe dann das Reiten intensiviert und auch zum Beruf gemacht.“ Später entwickelte sie sich zur Dressurreiterin, die erfolgreich an den Paralympics in Atlanta (1996) und Sydney (2000) teilgenommen hat.
Trainingstage mit Doris Campo sind auf dem Gelände des Reit- und Fahrvereins Zeitz an folgenden Wochenenden geplant: 4./5. Juni, 11./12. Juni, 9./10. Juli, 23./24. Juli, 13./14. August, 27./28. August.
Für die Teilnahme am Training mit Doris Campo können sich Vereinsmitglieder und auch Pferdesportler anmelden, die nicht Mitglied im Reit- und Fahrverein Zeitz sind. Anmeldungen sind möglich über Telefon 0176/20279793 oder über die Internetadresse www.reitverein-zeitz.de. (ank)
Mehr Informationen über die Reiterin im Internet: www.campo-dressurausbildung.de
Nun wird sie regelmäßig für den Zeitzer Verein arbeiten, dort ihre Erfahrungen an Mitglieder und andere Pferdesportbegeisterte weitergeben. Ein Arbeitstag in Zeitz hat schnell mal zwölf, dreizehn Stunden. Dabei ist für Campo hohe Konzentration gefragt. Sie muss sich auf Mensch und Pferd konzentrieren, gibt Erklärungen über Funk an den Reiter weiter. Und auch wenn sie selbst im Sattel sitzt, dann ist das für sie keine Pause.
„Mein Beruf ist meine Berufung“
Schließlich müsse sie genau auf die Bewegungen und Reaktionen des Pferdes achten. Doch die Anstrengung nehme sie gern in Kauf. „Mein Beruf ist meine Berufung“, sagt Campo. „Ich fühle mich an der richtigen Stelle und möchte die Zeit, die ich habe, so intensiv wie möglich nutzen“, sagt sie.
Doris Campo wird mit ihrem Mann auch in die Region ziehen. Das Paar hat in Zschorgula (bei Schkölen/Thüringen) eine alte Mühle gekauft. Die wird saniert. Sie wird eine „kleine Reitanlage bekommen“, so Campo. Des Weiteren will das Paar Wohnungen für mehrere Generationen anbieten. Dabei sollen sowohl behinderte Menschen als auch ausländische Mitbürger integriert werden. (mz)