Öffentliche Selbstverbrennung Öffentliche Selbstverbrennung: Welche Ehre ist für Oskar Brüsewitz angemessen?

Zeitz - Am 30. Mai steht der 90. Geburtstag von Oskar Brüsewitz bevor. Mit seiner öffentlichen Selbstverbrennung im August 1976 wollte er das „Fanal von Zeitz“ setzen und gegen den Umgang des DDR-Staates mit der Kirche protestieren. „Für mich ist und bleibt Oskar Brüsewitz einer der wichtigsten Botschafter der Stadt Zeitz“, wendet sich Oskar Schmidt in diesen Tagen an die Mitteldeutsche Zeitung.
Mit großer Enttäuschung hat der Mann aus Schifferstadt (Rheinland-Pfalz) zur Kenntnis genommen, dass die Stadt Zeitz keine einzige Veranstaltung plant. „Ich habe Zeitz schon als 18-Jähriger verlassen und bin nach Halle zum Studium gegangen, später in die Bundesrepublik. Frage ich in meinem Bekanntenkreis, ob jemand Zeitz kennt, ernte ich Kopfschütteln. Frage ich nach Oskar Brüsewitz wissen die meisten sofort Bescheid und erinnern sich an den Pfarrer“, erzählt Schmidt.
Oskar Brüsewitz: Gedenken in Merseburg
Aus seiner Sicht sei es unverständlich, dass sich in Zeitz niemand um das bevorstehende Jubiläum kümmert. Als Vergleich führt Schmidt Merseburg an. Im dortigen Dom findet am 25. und 26. Mai ein Themenwochenende „Oskar Brüsewitz- im Gedenken an seinen 90. Geburtstag“ mit Musik und Lesungen. Dazu konnte sogar der Bischof im Ruhestand Axel Noack als Redner gewonnen werden.
Schmidt fragt nun, warum es die Stadt Zeitz nicht schafft, an Oskar Brüsewitz zu erinnern. „Solch ein runder Geburtstag bietet einen guten Anlass, einen würdigen Blick auf das gesamte Leben des Mannes zu werfen. Denn Brüsewitz ist mehr als der Pfarrer, der sich einst in Zeitz vor der Kirche verbrannt hat“, sagt Schmidt. Brüsewitz habe frischen Wind in die Gottesdienste gebracht und damit vor allem zahlreiche junge Menschen in die Kirche nach Rippicha gelockt. Es wurde gemeinsam gesungen und gebetet. Gelegentlich hüpften auch mal Kaninchen durch das Gotteshaus und solche ungewöhnlichen Dinge sorgten für Gesprächsstoff und lockten Neugierige an.
Oskar Brüsewitz: Einst in Reppichau gelebt
Die MZ fragte in Rippicha nach, ob man dort eine Veranstaltung zum 90. Geburtstag plant. Denn in Rippicha hat Oskar Brüsewitz einst gelebt, in der Kirche den Gottesdienst gehalten und beispielsweise den kleinen Spielplatz angelegt. Noch heute leuchtet am Gotteshaus die Neonlampe, die Pfarrer Brüsewitz gemeinsam mit Horst Schmidt am Kirchturm angebracht hat.
Schmidt lebt bis zur Gegenwart in jenem kleinen Ort an der B2, ist Vorsitzender des Gemeindekirchenrates und pflegt auch das Grab von Brüsewitz. „Ich habe gehört, in diesem Jahr kümmern sich andere um das Jubiläum“, sagt Horst Schmidt. Er ist stolze 71 Jahre alt, möchte langsam etwas kürzer treten und steht zur nächsten Wahl des Gemeindekirchenrates im Sommer nicht mehr zur Verfügung. Bis heute kümmert er sich rege um das gesellschaftliche Leben im Ort, ist in der Kirchgemeinde und im Heimatverein aktiv und hat in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass die Brüsewitz-Lampe auf der Kirche wieder leuchtet.
Oskar Brüsewitz: Auch der Kirchenkreis Naumburg-Zeitz hält sich in puncto Ehrung bedeckt
Auch der Kirchenkreis Naumburg-Zeitz hält sich in puncto Brüsewitz-Ehrung bedeckt. Eine Gedenkveranstaltung in Bezug auf den Geburtstag ist nicht geplant, so heißt es von Pressesprecher Daniel Thieme. „In der Vergangenheit gedachten die evangelische Kirchengemeinde Zeitz und die Stadt Zeitz gemeinsam jeweils am 18. August, dem Tag der Selbstverbrennung, Oskar Brüsewitz. Dabei erinnerten sie an den Rippichaer Pfarrer und seine provokanten Aktionen, die bis heute nicht für alle verständlich erscheinen.
Für das Jahr 2019 ist geplant, die Gedenkveranstaltung am 18. August in bewährter Weise wieder durchzuführen“, so teilt Thieme mit. Die Kirchengemeinde Zeitz nimmt das historische Erbe von Pfarrer Oskar Brüsewitz aus Rippicha sehr ernst, heißt es weiter in der Mitteilung. Seine Selbstverbrennung am 18. August 1976 vor der Michaeliskirche in Zeitz habe die SED-Diktatur im Inneren erschüttert. Betrachtet man die Tat von Brüsewitz im Kontext weiterer Ereignisse des „Schicksalsjahres 1976“, so könne man darin den Anfang vom Ende der DDR sehen.
Oskar Brüsewitz: Festhalten am Todestag
Die Pressestelle der Stadt Zeitz reagiert zögerlich auf die Anfrage der MZ. Doch Oskar Schmidt stellt der Zeitung seinen Schriftverkehr mit Oberbürgermeister Christian Thieme (CDU) zur Verfügung. „Akzeptieren Sie bitte, dass von Seiten der Stadt Zeitz lediglich einmal jährlich zum Todestag Blumen an der Brüsewitz-Säule niedergelegt werden“, schreibt Thieme. „Ich bin für weitere Veranstaltungen in Zeitz zwar offen, jedoch müssen diese nicht von der Stadtverwaltung ausgehen. Das ist bei einem solchen Thema ohnehin schwierig, weil unterschiedliche Positionen in der Öffentlichkeit bestehen und man alle Seiten beleuchten sollte.
Diese Kontroverse ist sicherlich spannend. Bitte bedenken Sie auch, dass die Kirche in diesem Fall fast noch mehr Ihr Ansprechpartner wäre und dass solche Veranstaltungen ohnehin nur in Ansprache stattfinden“, schreibt Thieme an Schmidt. Dessen ungeachtet stünde es Schmidt frei, anlässlich des 90. Geburtstages Veranstaltungen in Zeitz zu organisieren, gerne auch im Rathaus, so Thieme. (mz)