Neun Fragen zum Kohleausstieg und Strukturwandel Neun Fragen zum Kohleausstieg und Strukturwandel: Wohin geht Zeitz?

Zeitz - Der Kohleausstieg kommt. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, kurz Kohlekommission, hat am 26. Januar den Ausstieg bis zum Jahr 2038 empfohlen. „Der bevorstehende Kohleausstieg wird für die Kernregion Zeitz spürbare Folgen haben“, sagt Oberbürgermeister Christian Thieme (CDU), „zumal der größte Arbeitgeber in Zeitz, die Mibrag, circa 2.400 Mitarbeiter beschäftigt, die überwiegend aus Zeitz oder der näheren Umgebung kommen.“
Hinzu kommen mindestens noch einmal so viele Mitarbeiter in den Tochterfirmen und unmittelbar für die Mibrag tätigen Unternehmen. Wie es gelingen wird, neue Arbeitsplätze zu schaffen und den Strukturwandel abzufedern, wird auch über die Zukunft von Zeitz entscheiden. Wie der aktuelle Stand ist, hat die MZ nach Aussagen des Oberbürgermeisters gebündelt.
Wie bringt sich die Stadt Zeitz in den laufenden Prozess ein?
Die Stadt Zeitz arbeitet bereits in verschiedenen Gremien und Projekten eng mit Netzwerkpartnern aus Verwaltung, Politik und Wirtschaft, auch länderübergreifend, daran, den Strukturwandel langfristig erfolgreich vorzubereiten und zu gestalten.
Gibt es dafür ein konkretes Beispiel?
Die Stadt Zeitz hat sich zur Mitarbeit im Vorhaben „WIR! Wandel durch Innovation in der Region – Initiative Open Osterland“ bereiterklärt. Das Innovationskonzept, das von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig, der Universität Leipzig und der Jena-Geos-Ingenieurbüro GmbH für die Regionen um die Mittelzentren Altenburg, Zeitz, Weißenfels, Naumburg und Borna erarbeitet worden ist, zielt auf innovative Ansätze nicht nur in technischen, sondern auch sozialen Bereichen.
Wie hat sich die Stadt Zeitz bisher in dieses Projekt eingebracht?
Die Stadt Zeitz hat sich mit den Projektideen Quartiersentwicklung im urbanen Raum sowie Errichtung eines Digitalisierungszentrums eingebracht. Für das Digitalisierungszentrum gibt es Interesse von der Mibrag, als strategischer Partner mitzuarbeiten, die Handwerkskammer Halle steht beratend zur Seite. Der Fördermittelbescheid für das „WIR“- Vorhaben steht noch aus.
Gibt es darüber hinaus schon weitere Ansätze?
Zur Unterstützung des Strukturwandels gab es im Dezember 2018 einen Wettbewerbsaufruf zur Einreichung von Projektideen im Rahmen des Modellvorhabens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) „Unternehmen Revier“. Auf der Grundlage der Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Strukturanpassung in den Braunkohlenbergbauregionen sollen innovative Projekte in vier Zukunftsfeldern gefördert werden.
Welche Zukunftsfelder sind das?
Das sind: Nutzung von Wertschöpfungspotenzialen, Gestaltung der künftigen Energieregion, Genuss durch vernetzte Attraktivität und Bewegung mit Mobilität und Logistik. Zahlreiche Projektskizzen wurden sowohl von der Stadt Zeitz als auch von regionalen Akteuren eingereicht. Die Projektliste wurde auch der Staatskanzlei in Magdeburg vorgelegt.
Was tut die Stadt noch eigenständig?
Unabhängig von den eingereichten Projektideen beabsichtigt die Stadt Zeitz, eine Gesamtentwicklungsstrategie für die wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten 20 Jahren zu erarbeiten, die notwendig ist , um einerseits die beschriebenen Projektideen sinnvoll umzusetzen, zu vernetzen und auch eine Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Andererseits ist die Stadt Zeitz mit Vertretern aus Wirtschaft und Industrie im Gespräch. Dabei muss es um die Standortsicherung der Unternehmen gehen, ebenso darum, eine wirtschaftliche Versorgungssicherheit mit alternativen Energien zu sichern. Daneben kann der Strukturwandel nur gelingen, wenn sich die Stadt Zeitz zukunftsweisenden neuen Aufgabenfeldern öffnet.
Welche könnten das beispielsweise sein?
Zum Beispiel in den Bereichen der alternativen Energiegewinnung, der stofflichen Verwertung der Braunkohle aber auch darin, anderen Wirtschaftszweigen, die es in der Region noch nicht gibt, Rahmenbedingungen für Ansiedlungen zu schaffen, so der Kreativwirtschaft, Digitalisierung in verwaltungspolitischen, sozialen und wirtschaftlichen Themenfeldern. Letzteres wird eine nicht zu unterschätzende Bedeutung auch für den hiesigen Mittelstand erlangen. Die Beschäftigungsinitiative Pakt für Arbeit wird sich dabei aktiv in die Diskussionen um den Strukturwandel einbringen.
Es gibt ja schon Projektideen. Wie sieht es da aus?
Im Abschlussbericht der „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ werden unter dem Stichwort Zeitz bereits unterschiedlichste Projektideen genannt (die MZ berichtete). Woher diese Ideen im Einzelnen stammen, lässt sich offensichtlich nicht immer nachvollziehen. Diese Liste ist aber weder abschließend, noch verbindlich, sondern allenfalls eine Empfehlung. Auch wird die Kernforderung nach Industriearbeitsplätzen nicht beantwortet. Bis April soll Zeit für Nachbesserungen sein. Danach soll ein Gesetz zur Umsetzung kommen.
Wie soll es jetzt für die Stadt Zeitz weitergehen?
Seitens der Verwaltung und des Oberbürgermeisters wird weiterhin mit vereinten Kräften für Zeitz gekämpft, denn das Geld aus dem Strukturwandel soll und muss vor allem hier landen, im Altkreis Zeitz, und nicht in wenig bis gar nicht betroffenen Regionen. Christian Thieme hat bereits viermal dazu mit dem Ministerpräsidenten gesprochen. Wichtig sind die Zeitzer Hauptforderungen: Industriearbeitsplätze und Strukturverbesserungen oder Bildungsinfrastruktur. (mz)