Mitteldeutsche Phila-Bibliothek in Zeitz Mitteldeutsche Phila-Bibliothek in Zeitz: Herr verborgener Schätze

Zeitz - Es ist ein gut gehüteter und weitestgehend unbekannter Schatz: Unter dem Dach der Zeitzer Grundschule Elstervorstadt (ehemals 8. Grundschule) stehen rund 10.000 Fachbücher, Kataloge, Lexika und Zeitschriften.
Die Mitteldeutsche Phila (philatelistische) Bibliothek „Hans Grünewald“ Zeitz ist die größte Einrichtung ihrer Art in Ostdeutschland. Es gibt nur noch drei vergleichbare philatelistische Bibliotheken in ganz Deutschland - in München (35.000 Einheiten im Bestand), Hamburg und Frankfurt am Main.
Hubert Tretner: „Wir sind ein kleiner farbenprächtiger Exot unter den vier bundesweiten Phila-Bibliotheken“
„Wir sind ein kleiner farbenprächtiger Exot unter den vier bundesweiten Phila-Bibliotheken“, sagt Hubert Tretner, Chef des Zeitzer Vereins für Briefmarkenkunde und der Bibliothek. So findet man hier alles, was das Briefmarkensammlerherz begehrt. Das fängt an bei Lipsia Katalogen der DDR, mal in Leinen gebunden, mal als loses Blattsystem geheftet, reicht über Fachzeitschriften wie die vollständig vorhandenen Ausgaben des Sammler-Expresses, zahlreiche Lexika der Philatelie und Zeitungen.
Wahrer Hingucker sind die historischen Werke. Dazu gehören Grundlagenwerke wie das Buch „Zur Geschichte der Philatelie. Gesammelte Beiträge zur Geschichte der Briefmarken und der Briefmarkenkunde von 1878“. Denn der Zeitzer Verein wurde bereits am 23. November 1880 gegründet und zählt damit bundesweit zu den ältesten. Damals war Bäckerobermeister Gustav Erfurth 20 Jahre lang der erste Vorsitzende.
Philatelistische Zeitschrift erreichte bereits zur Jahrhundertwende Auflagen von bis zu 30.000 Stück
Er selbst sammelte philatelistische Literatur und so folgte am 1. Februar 1881 die Gründung der Bibliothek. Der Zeitzer Verein abonnierte schon damals diverse Briefmarkenzeitungen, darunter die Berliner Illustrierte Briefmarken-Zeitung, die Schweizer Briefmarken-Zeitung, die Weltpost, das Illustrierte Briefmarken-Journal (Senf).
Aus diesem Grund besitzt der Zeitzer Verein heute jenes Journal von Senf aus Leipzig in lückenlosen Ausgaben von 1888 bis 1943. Diese philatelistische Zeitschrift erreichte bereits zur Jahrhundertwende Auflagen von bis zu 30.000 Stück.
Erstes Domizil des Vereins war das Restaurant „Alte Post“ in Zeitz
Erstes Domizil des Vereins war das Restaurant „Alte Post“ in der Zeitzer Rahnestraße (bis 1939), danach zog man in das „Himmelsberger Restaurant“. Meist folgte die Bibliothek dem Sitz des Vereines, das waren das Hotel „Herold“, die Turnhalle Robert Gerisch (heute Vater Jahn) und das Kulturhaus Weltfrieden (18 Jahre).
Hubert Tretner besitzt einen riesigen Schlüsselbund, denn für jeden Bücherschrank gibt es einen separaten Schlüssel. „Eigentlich wollten wir mal eine zentrale Schließanlage anfertigen lassen, doch die Kosten übersteigen das Budget unseres kleinen Vereines“, sagt der Vorsitzende.
Phila-Bibliothek in Zeitz: Nach der Wende wuchsen die Bestände noch einmal drastisch an
Tretner selbst sammelt seit 1956 Briefmarken und engagiert sich seit 1975 im Vorstand. Hier hat er sich vor allem dem Erhalt der unverwechselbaren Phila-Bibliothek auf die Fahnen geschrieben, denn es ist die einzige, die von einem Verein im Ehrenamt geführt wird. Nach der Wende wuchsen die Bestände noch einmal drastisch an, denn manch anderer Verein gab auf und übergab seine Sammlung nach Zeitz.
So erfolgte im Jahre 1997 die teilweise Übernahme der Literatur des Briefmarken-Sammlervereines Merkur Dessau und zehn Jahre später siedelte die Sammlung des Philatelisten-Club Berlin-Mitte mit zirka 6.500 Einheiten nach Zeitz über.
Visionen für die Zukunft? „Die Lage in unserem Verein ist schwierig, wir sind überaltert und auch ich bin schon 70 Jahre alt und finde keinen Nachfolger“, sagt Tretner. (mz)
