Mike Krüger zog sofort den Nippel durch die Lasche
ALTTRÖGLITZ/MZ. - Er macht vieles anders als andere Stars. So musste bei ihm das Publikum nicht bis zum Schluss und zur mühsam erbettelten Zugabe warten, um mit ihm gemeinsam den "Nippel durch die Lasche" zu ziehen. Damit ging die Stimmung dann allerdings auch in zehn Minuten von Null auf 100. Und Krüger konnte sein Auditorium einschätzen: Textsicher, hart im Nehmen und gut aufgelegt. Für die im Saal, die vielleicht aus Alters- oder besser Jugendgründen seinen Werdegang nicht verfolgt hatten, stellte er sich ausführlich vor: Das traurige Leben des Mike K., das nur als komische Nummer auf der Bühne enden konnte, seine Ansichten über Alkohol, Sex, Mitmenschen und andere Katastrophen. Die überaus unterhaltsame geistige Reise erklomm - Tour eins - ebenso philosophische Höhen, wie sie die Ebenen der Volksweisheiten durchschritt und ab und an in Stammtischtiefen versackte.
Auch mit den Ansichten seiner Frau hielt er nicht hinterm Berg. So wissen nun alle, dass sie im Auto niemals blinkt, weil es schließlich keinen etwas angeht, wohin sie will. Kluge Worte fand der Mann mit dem riesigen, nein richtigen Riecher auch für die Bundeskanzlerin. Die gehöre nämlich zu den Frauen, die in der Tanzstunde nie aufgefordert wurden. "Jetzt rächt sie sich für jeden ausgelassenen Foxtrott." Bei dieser Gelegenheit erfuhren die Zuhörer, was die Stones in weiser Voraussicht bereits vor 30 Jahren über "unsere Angie" zu sagen, äh singen, hatten.
Das gehörte dann schon zum musikalischen Teil. Die zweite große (mit der ersten verwobene und verschränkte) Tour durchpflügte das Feld der Musik: Schlager, Oldies, Country, Chanson und Volkstümliches auf der einen Seite, Grönemeyer, Jürgen Drews, James Blunt, Schäfer Heinrich oder Xaver Naidoo auf der anderen Seite - nichts und niemand war vor ihm sicher. Er zitierte völlig respektlos die Großen und Möchtegerne und bewies selbst bei der blödesten Parodie noch eines: Er ist ein super Sänger mit überdurchschnittlich perfektioniertem Nachahmungstrieb, er spielt toll Gitarre (und Mundharmonika) und Wortspiele. Man fühlt sich ja so gut verstanden, wenn er das lästige Thema Diät behandelt oder den "Orgasmuszwang im (E-Mail)-Posteingang" und schafft es, zum ersten Mal über die Kettenreaktion der alltäglichen (eigenen) Vergesslichkeit herzhaft zu lachen: "Wo waren noch meine Autoschlüssel? Das fällt mir ein, wenn ich sie seh, doch dazu bräucht ich meine Brille, die ist glaub ich beim Portemonnaie, das ist wohl in der Jackentasche oder im Handschuhfach. Dazu bräucht ich meine Autoschlüssel. . ."
Zum Schluss, da setzte er in der Zugabe noch einen drauf und verhackstückte "I did it my way", berühmtes Lied mit noch berühmterer Liedzeile und Lebensmaxime von Frank Sinatra. Und da hätte man diesem Krüger schon gern gesagt: Es ist eigentlich auch sein Lied, und das ist durchaus als Extra-Applaus zu verstehen.