1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zeitz
  6. >
  7. Landwirtschaft in Haardorf: Landwirtschaft in Haardorf: Bauer mit Erfahrung

Landwirtschaft in Haardorf Landwirtschaft in Haardorf: Bauer mit Erfahrung

Von iris richter 08.07.2015, 19:20

haardorf - „Beim Mais sieht es so aus, als wird es eine Katastrophe“, sagt Gerrit Tonkens und spielt mit seiner Aussage auf die bisherigen Witterungsverhältnisse und die zu erwartenden mageren Erträge an. Zum Teil sei der Mais nicht aufgegangen und die Pflanzen, die auf den Feldern stehen, wollen einfach nicht wachsen. Auch bei den Kartoffeln sieht es nicht gut aus. Normalerweise beginne er im Juni damit, Proben zu nehmen, um Ertrag und Qualität abschätzen zu können. Doch damit habe man noch gar nicht begonnen, weil der Knollenansatz einfach nicht da sei.

Doch einen pessimistischen Eindruck macht der 55-Jährige trotzdem nicht. Vielleicht liegt es daran, dass der gebürtige Holländer im vergangenen Jahr ausgesprochen gute Erträge bei den verschiedensten Feldfrüchten einfahren konnte. Vielleicht spielt aber auch die langjährige Erfahrung eine große Rolle, denn Tonkens ist mit der Landwirtschaft aufgewachsen, schon seine Eltern bewirtschafteten einen Bauernhof in der nordholländischen Provinz Groningen. „Allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass es in den letzten zwanzig Jahren in der Region so lange so trocken war“, sagt der Landwirt.

Denn vor genau zwanzig Jahren erwarb er die Osterfelder Agrar GmbH, die damals, 1995, zum Verkauf stand. Vier Jahre zuvor war der Holländer nach Deutschland gekommen und hatte begonnen, im sächsischen Torgau eine Landwirtschaft aufzubauen. Der Osterfelder Betrieb, der seinen Sitz in Haardorf hat, passte da in sein Konzept. „Dass ich in Deutschland gelandet bin, ist eher Zufall, ich hatte mich schon in Frankreich und Polen umgeguckt“, berichtet Gerrit Tonkens, der sich hier wohlfühlt wie ein Fisch im Wasser - wie er sagt.

Auf 1 200 Hektar rund um Osterfeld hat Tonkens Winterweizen, Winterraps, Zuckerrüben, Kartoffeln und Mais angebaut. Seit kurzem wachsen auch Erbsen und Luzerne auf einem kleinen Teil der Anbaufläche. „Das ist eine Forderung der EU. Fünf Prozent der Fläche müssen für die sogenannte Selbstbegrünung vorgehalten werden“, erklärt der Landwirt und ist nicht glücklich mit der Lösung. In der EU würden Feldfrüchte wie Soja in Mengen importiert und von den Landwirten verlange man solche Maßnahmen, sagt er. Zudem habe die Büroarbeit für Landwirte auch durch das Studium diverser Vorschriften deutlich zugenommen, ärgert sich Tonkens, der gerne selbst noch auf den Mähdrescher steigt. Ende Juli/Anfang August könnte es soweit sein, denn dann rechnet er mit dem Erntestart bei Weizen. Der hat in diesem Jahr ebenfalls durch das trockene Wetter eher kurze Halme und auch die Ähren sind nicht so schwer.

Doch Tonkens sind Probleme nicht fremd. Als er vor Jahren bei Kleinhelmsdorf eine riesige Hähnchenmastanlage bauen wollte, stieß er auf Widerstand und legte schließlich seine Pläne ad acta. Ein weiterer Versuch für eine solche Anlage bei Magdeburg, wo er ebenfalls einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, wartet seit 2009 auf Genehmigung bei den Behörden. „Der Verzehr von Hähnchenfleisch nimmt zu, wenn es nicht vor Ort produzieret wird, kommt es von irgendwoher. Hier wird ein solcher Betrieb von morgens bis abends kontrolliert“, argumentiert er. Zudem wollte er die Mastanlage mit einer Biogasanlage kombinieren, um mit Abfällen Strom und Wärme zu erzeugen.

Die Pläne für die Hähnchenmast sind vom Tisch, die Biogasanlage ist Realität. In eine solche hat der Landwirt nahe Kleinhelmsdorf im vergangenen Jahr 2,5 Millionen Euro investiert, vergärt hier Rinderdung sowie Abfälle aus Kartoffeln und gewinnt daraus neben Strom auch wertvollen Dünger für seine Felder. Zur Feier anlässlich seines zwanzigjährigen Betriebsjubiläums Mitte Juni wurde die Anlage offiziell in Betrieb genommen. Im kommenden Jahr soll neben der Biogasanlage eine Getreidetrocknung entstehen, um die mit der Anlage produzierte Wärme zu nutzen. Auch um seine Nachfolge braucht sich Gerrit Tonkens nicht zu sorgen. Sohn Schelto (25) hat sich als Betriebsleiter in Haardorf gut eingearbeitet. (mz)