Kugeln für Weihnachtsfreude Kugeln für Weihnachtsfreude: Geschichten am Baum

Zeitz - An meinem Weihnachtsbaum hängen nicht einfach Weihnachtskugeln, sondern Geschichten. Und da kommt es vor, dass ich in einer stillen Stunde über die Feiertage einfach so dasitze und in meinem Weihnachtsbaum spazieren gehe. Da gibt es schwere Glaskugeln, echte Meisenthal aus dem Elsass, alte, zerbrechliche silberne Zapfen und Silberkugeln, die an einigen Stellen schon blind sind... Sie alle sind meine ganz besondere Weihnachtsfreude.
Viele Jahre wurde unser Weihnachtsbaum mit Strohsternen geschmückt. Dem Kind gefiel es besser als das Glitzerzeug, und die damals noch ungestüme junge Katze konnte auch weniger Schaden anrichten. Dann kam, was so alle sieben Jahre mal kommt: Ich habe die Weihnachtskiste aussortiert. Und da hatte ich sie auf einmal in der Hand: Die Weihnachtskugeln. Vier silberne mit weißem Dekor, blinden Flecken und Kratzern. Geschenkt hat sie mir vor weit über 30 Jahren eine alte Frau. „Ich weiß auch nicht, warum ich gerade die 1945 mit auf die Flucht genommen habe“, pflegte sie immer zu sagen. Schon als sie in Ostpreußen noch Kind war, hingen die am Weihnachtsbaum. Nun stellte sie keinen mehr auf, aber sie hoffte, dass sie noch viele Jahre an meinem Baum einen Platz hätten...
Die silbernen Zapfen sind meine früheste Kindheitserinnerung, ebenso wie die farbigen Kugeln, die auf einer Seite nach innen gewölbt und farbig ausgearbeitet sind. Von denen habe ich leider nur eine. Als ich zu Hause ausgezogen bin und das erste Mal einen eigenen Weihnachtsbaum aufstellen wollte, bekam ich von meinen Eltern die Zapfen. Sie wussten, wie mein Herz daran hängt. Nur von den Kugeln wollten sie sich nicht trennen, es waren ohnehin nur noch drei. Eine habe ich dann still, heimlich und leise eingepackt...
Grün in Apfelform
Sie haben natürlich gemerkt, dass nur noch zwei da waren, aber nie ein Wort darüber verloren. Nicht ganz so alt sind zwei farbige Kugeln. Ein Nachbar schenkte sie mir, als wir im Jahr 2000 umgezogen sind. Er war traurig, dass wir auszogen. Und er hoffte, dass wir immer mal an ihn denken, wenn wir die Kugeln am Baum platzieren. Als ich sie wiederfand, war er ein paar Wochen zuvor gestorben.
So saß ich da mit meinen Weihnachtsbaumkugeln. Zu wenig für den Baum. Und daraus wurde eine Tradition: Jedes Jahr bringe ich von unserer vorweihnachtlichen Reise ins Elsässer Weihnachtsland eine Kugel mit. Schließlich ist hier ebenso ihr Ursprung, wie der des Weihnachtsbaumes. Den Anfang machten vor neun Jahren zwei Meisenthal-Weihnachtskugeln. Eine ist grün in Apfelform. Dreimal war ich am Stand, konnte mich nicht entscheiden, und es wurden immer weniger Kugeln. Keine blaue mehr dabei. Grün? Ich weiß nicht. Aber, versicherte mir der junge Mann, der die spärlichen Reste der aktuellen Kollektion anbot, das bedeute doch den Ursprung der Weihnachtskugeln. Die wurden schließlich gefertigt, als es in einem Jahr nicht genügend Äpfel und Nüsse als Baumschmuck gab.
Nur hätte ich so gern eine blaue Kugel gehabt! „Blauer Apfel?“, fragte der Glasbläser lachend. Ich bat um Bedenkzeit. Und lief ich am nächsten Morgen hektisch los: Was, wenn mir jemand nun auch noch „meinen“ grünen Apfel weggekauft hat? Die Sorge war unbegründet: Die schwere grüne Kugel wartete schon in einem Karton auf mich. Daneben ein zweiter Karton, noch etwas schwerer. Darin eine blaue Kugel...