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Kirchenchor Kirchenchor: Türen des Gotteshauses sind geöffnet

Von Heike Riedel 13.09.2002, 17:03

Lützen/MZ. - "Aber heute oh wehe", stellte Pastor Voccius zu Beginn des 17. Jahrhunderts über den Lützener Kirchenchor fest. Wurden die hehren Normen, die sich die Mitglieder der Kantorei-Gesellschaft Lützen bei der Gründung des Chores 1570 mit der Satzung gaben, doch schon binnen vier Jahrzehnten nicht mehr ganz so ernst genommen.

Der Chor vereinte damals vom Pastor und Diakonus über den Steuereinnehmer bis zu Ratsmitgliedern und Bürgermeistern alles, was Rang und Namen in Lützen hatte mit auch weniger bedeutenden Leuten und Kindern, um in der Kirche Gott zu Lob und Ehre in Andacht zu singen. Wer stimmlich weniger begabt war, hatte den zwei Groschen Mitgliedsbeitrag, zwei Kannen Bier und einer Schüssel Fisch eben noch eine Kanne Bier zuzugeben, wollte er sich in die Gesellschaft einreihen, die regelmäßig zu Proben zusammenkam und mit Essen und Trinken auch die Geselligkeit pflegte. 68 Mitglieder zählt das alte Verzeichnis der Kantorei-Gesellschaft, in dem 1623 die letzte Eintragung vorgenommen wurde. Es ist für Margitta Barth- muß heute die wichtigste Grundlage, wenn sie sich im Rahmen ihrer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Themen sucht, mit denen sich die evangelische Kirche in Lützen auch für Nichtchristen öffnen lässt. Der Kirchenchor Lützen-Röcken ist über die Mauern der Stadtkirche St. Viti hinaus bekannt. Er vereint seit 1997 Lützener und Röckener Stimmen. So konnte sich die heute etwa 30 Mitglieder starke Gemeinschaft gut entwickeln und steht weiterhin bereit, Gottes Lob zu verkünden. Das hat vielfältige Gesichter, wie ein Blick auf das Repertoire von 60 Liedern verrät. Rhythmisch sind die afrikanischen Gesänge. Geprägt ist das Liedgut auch durch die aus der Vergangenheit herrührenden Beziehungen zu Schweden. Amerikanische und englische Gesänge machen die Programme abwechslungsreich. "Es macht Spaß zu singen", unterstreicht Margitta Barthmuß, selbst Mitglied des Chores. Deswegen bleibt es nicht nur bei den rund 20 Auftritten jährlich zu kirchlichen Anlässen und Festen in der Region, es werden auch Geburtstagskinder und Hochzeitspaare von den Sangesfreuden überrascht. Mittlerweile dokumentieren zwei CD das Können des Chores, dessen jüngstes Mitglied, Anja Viehweg, 15, das älteste, Heinz Volkhardt,  82 Jahre, zählt. Dabei hat er gerade in den letzten Jahren durchaus auch schwierige Zeiten durchlebt.

Nach dem Tod von Kurt Schneider, der den Chor als Kantor von 1964 bis 1994 geleitet und noch einen Kinderchor dazu ins Leben gerufen hatte, musste er sich immer wieder neuen Leitern anpassen. Vorübergehend hat selbst ein Schüler - Michael Goblirsch, der in Schulpforta den musikalischen gymnasialen Ausbildungsweg absolvierte - die Auftritte abgesichert. "Das hält uns jung", scherzt Susi Rother (75), die sich als dienstältestes Chormitglied - 55 Jahre ist sie dabei - in der Geschichte gut auskennt. Schließlich war es ihr Vater, der nach dem Krieg die Lützener Kirchenmusik aus einer schweren Zeit führte.

In Fragmenten ist die Geschichte der Lützener Kantorei 432 Jahre zurückzuverfolgen. Jetzt erst einmal ist aber die jüngste Chronik fortzuschreiben, denn nach Helge Schulz, Kirsten Eichner und Sarah Scherzer hat nun Christoph Noetzel als neuer Bereichskantor die Chorleitung übernommen.