Kinder riskieren Leben am Gleis Kinder riskieren Leben am Gleis: "Wenn die Schranke runtergeht sind wir sofort weg"

Zeitz - Zwei Jungen stehen in der Kreisstraße zwischen Zeitz und Grana auf den Bahngleisen, die hier über Fußweg und Fahrbahn führen, und spielen Zug, indem sie die Straße immer genau auf dem Schienenstrang überqueren. „Wenn die Schranke runtergeht, sind wir sofort weg“, versichert der Größere, als sie von Autofahrern angesprochen werden, „wir machen nur unseren Spaß, wenn kein Zug kommt.“
Schließlich wissen sie, dass man vor der Schranke warten muss. „Wir wissen doch, dass das sonst gefährlich ist. Der Zug könnte ja gar nicht so schnell bremsen“, sagt er, ehe sie weglaufen.
Kinder legten Steine und Plastikflaschen auf die Gleise
Kinder in gefährlicher Nähe an Bahngleisen, das kommt immer wieder vor. So wurde zum Beispiel die Bundespolizei in Magdeburg unlängst alarmiert, weil an den Bahngleisen in Niederndodeleben Kinder spielten. „Sofort wurde die Bahnstrecke in diesem Bereich für den Zugverkehr gesperrt“, heißt es von Chris Kurpiers von der Bundespolizeiinspektion Magdeburg, „Zeugen hatten berichtet, dass die Kinder Steine und Plastikflaschen auf die Gleise legten und bei der Annäherung eines Zuges von den Gleisen liefen und sich in einem angrenzenden Gebüsch versteckten.“
Als die Streife eintraf, sahen sie noch, wie ein Junge in ein nahes Gebüsch lief. Wenig später trafen sie auf diesen Jungen und auf seine Freunde. Die gaben dann auch zu, dass sie Plastikgegenstände auf die Gleise gelegt hatten. Die Jungen im Alter von neun, zehn und 13 Jahren wurden eindringlich auf die enormen Lebensgefahren, die ihr Handeln mit sich bringt hingewiesen. Anschließend wurden alle drei Kinder zu ihren Erziehungsberechtigten gebracht und auch diese wurden über die Gefahren belehrt.
Bundespolizei warnt eindringlich vor Spielen an Bahngleisen
Ganz abgesehen davon, dass hier im konkreten Fall vier Züge Verspätung hatten, dass die Bundespolizei zum Einsatz kommen musste: Gerade in der Ferienzeit sind solche „Spielplätze“ eine besondere Gefahr. „Bitte reden sie mit ihren Kindern über die Gefahren. Da der Aufenthalt von Kindern in diesen lebensgefährlichen Bereichen leider keinen Einzelfall darstellt“, bittet die Bundespolizei darum, dass wiederholt auf die Gefahren auf Bahnanlagen und mögliche schwerwiegende Folgen dieses Fehlverhaltens hingewiesen wird.
„Die Züge nähern sich fast lautlos und können je nach Windrichtung oft sehr spät wahrgenommen werden.“ Diese Gefahr wird gerade von spielenden Kindern oft unterschätzt: Der Bremsweg eines Zuges bei 100 Kilometer in der Stunde beträgt bis zu 1.000 Meter. Hinzu kommt in diesem Fall die Verletzungsgefahr, die von den aufgelegten Steinen ausgeht. Bei der Überfahrt eines Zuges über diese aufgelegten Steine, können diese oder Splitter von diesen eine Art Geschosswirkung entwickeln und dem Verursacher und unbeteiligten Personen gefährliche Verletzungen beibringen.
Polizei: Spielende Kinder auf Gleisanlagen werden gefühlt mehr
„Tote und Schwerverletzte hatten wir in unserem Bereich in Sachsen-Anhalt nicht“, sagt Kurpiers, „aber die Zahl von Kindern, die sich auf Gleisanlagen bewegen, nimmt gefühlt zu. Vor allem in der Ferienzeit.“
Wie viele gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr durch Kinder ausgelöst werden, lässt sich aber nicht genau sagen. Diese Fälle werden nämlich nicht gesondert erfasst. Von 22 Tatverdächtigen, die im Jahr 2017 im Bereich der Bundespolizeiinspektion Magdeburg festgestellt wurden, waren acht Kinder. In den meisten Fällen, nämlich 41 mal, wurden Hindernisse auf die Gleise gelegt.
Oft seien es Kinder, die Dinge auf die Gleise legen und sich freuen, wie die Züge diese Sachen plattwalzen, heißt es auch von der übergeordneten Behörde, der Bundespolizeidirektion Pirna, die für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig ist: „Die Kinder vergessen oft, in welche Gefahr sie sich begeben.“
Insgesamt sei aber die Zahl von gefährlichen Eingriffen in den Bahnverkehr rückläufig. Aber die Zahlen bilden nicht die gesamte Wirklichkeit ab. „Bei einem unberechtigten Aufenthalt auf den Gleisen wird meistens eine Verwarnung ausgesprochen oder eine Ordnungswidrigkeit wegen des Verstoßes gegen die Eisenbahnbau- und Betriebsordnung angezeigt“, so Chris Kürpiers. „Ordnungswidrigkeiten werden jedoch statistisch bei uns nicht gesammelt.“ (mz)